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Widerstand Widerstand: «Heimattreue Deutschen Jugend» vor dem Aus?

14.08.2008, 16:49
Anstecker mit einem durchgestrichenen Hakenkreuz.(Foto: ddp)
Anstecker mit einem durchgestrichenen Hakenkreuz.(Foto: ddp) ddp

Berlin/dpa. - «Über Verbote sprechen wir nicht. Wirsprechen sie aus», sagte Ministeriumssprecher Stefan Paris in Berlin.Die HDJ machte jüngst durch ein Zeltlager Schlagzeilen, in demKindern Nazi-Gedankengut nahegebracht wurde. Das Innenministerium hatschon mehrfach nach dem Vereinsgesetz Organisationen verboten, denenverfassungsfeindliche Ziele nachgewiesen werden konnten. DasLandratsamt Bayreuth untersagte die für diesen Samstag imoberfränkischen Warmensteinach geplante NPD-Gedenkfeier für denHitler-Stellvertreter Rudolf Heß.

Der Sprecher des Bundesinnenministeriums versicherte, «dass wir imBereich der Sicherheitsbehörden in alle Richtungen, die damitzusammenhängen könnten, auch denken und prüfen». Inzwischen verlangteauch der Zentralrat der Juden, die HDJ zu verbieten. NachEinschätzung von Ratspräsidentin Charlotte Knobloch bestehen keineZweifel an der Verfassungsfeindlichkeit. Es sei gängige Praxis, dassKinder auf Zeltlagern der HDJ mit Nazi-Propaganda infiltriert würden.

«Die Kinder trugen Uniformen und wurden an Symbole und Ideologiender NS-Zeit spielerisch und ohne geschichtliche Einordnungherangeführt wie damals die Hitlerjugend», sagte Knobloch. «So etwasdarf es in Deutschland und darüber hinaus nicht wieder geben.» Beider Auflösung eines Zeltlagers in Mecklenburg-Vorpommern wurden auchHandtücher mit Hakenkreuzen und Schriften mit rechtsextremistischerPropaganda sichergestellt.

Der Berliner Verfassungsschutz bestätigte die im Bericht desBundesverfassungsschutzes festgehaltene Verbindung der HDJ zur NPD.Der im Juni gewählte Berliner NPD-Landesvorsitzende Jörg Hähnel seiin der HDJ aktiv. Der Liedermacher gehöre auch dem NPD-Bundesvorstandan. In Berlin war der Verein zuletzt im September 2007 aufgefallen,als die Polizei mehrere Wohnungen von HDJ-Mitgliedern in Berlin undBrandenburg durchsuchte. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatteschon vor Monaten ein Verbot der HDJ gefordert.

Auch in anderen Bundesländern wurden immer wieder Aktivitäten derHDJ beobachtet. Nach Feststellung der sächsischen Verfassungsschützerstellt sich die HDJ als harmlose Pfadfindertruppe dar, obwohl sie inerster Linie politische Ziele verfolgt. In ihrer Zeitschrift«Funkenflug» lehne sie aggressiv die freiheitlich-demokratischeGrundordnung ab. In Sachsen habe es 2008 zwei bundesweite HDJ-Veranstaltungen gegeben, bei denen die Teilnehmer meist einheitlicheKleidung getragen hätten. In Bayern gab es laut Verfassungsschutz zuOstern auf dem Privatgrundstück eines HDJ-Aktivisten in Buhlsbach beiAnsbach (Mittelfranken) ein Sommerlager mit 30 Teilnehmern.

Nach Antworten der Bundesregierung auf zwei Kleine Anfragen derBundestagsfraktion der Linken zählte die Polizei von April bis Juni7412 Teilnehmer an 30 rechtsextremistischen Veranstaltungen. ImQuartal davor seien es 25 Kundgebungen mit 6482 Teilnehmern gewesen.«Mit der Lauheit im Kampf gegen Neonazis muss endlich Schluss sein»,forderte die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Ulla Jelpke.Die FDP bekräftigte ihre Forderung, die HDJ rasch zu verbieten.

Das Landratsamt Bayreuth stufte die verbotene Heß-Veranstaltungals Ersatz für den seit 2004 verbotenen Gedenkmarsch in Wunsiedelein. Noch für Donnerstag kündigte die Regierung von Oberfranken eineAllgemeinverfügung an, mit der vergleichbare Veranstaltungen in derganzen Region verboten werden sollen. Von Treffen der Neonazis zumTodestag Heß', der in Wunsiedel begraben liegt, gehe immer die Gefahrvon Äußerungen aus, die den Nationalsozialismus verherrlichen.Derartige Äußerungen seien Straftaten. «Wir werden das Verbot inaller Entschiedenheit durchsetzen», kündigte ein Sprecher desPolizeipräsidiums Oberfranken an.