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Weihnachtszeit Weihnachtszeit: Die Gänse gackern polnisch

Von THOMAS OLIVIER 23.12.2008, 16:47

Wiesbaden/dpa. - Gegenüber dem Vorjahr eineSteigerung von elf Prozent. Drei Viertel derDekoration im Wert von 52 Millionen Euro kamaus China.

Das Zauberwort heißt "Yiwu": Ob Weihnachtsglocken,Engel, Lametta oder Christbaumspitzen - dieostchinesische Stadt versorgt die halbe Weltmit Weihnachtsdeko. Mehr als 300 Firmen produzierenin Yiwu Weihnachtsdekorationen.Die Metropolebeherbergt den weltweit größten Großhandelsmarktfür Kleinwaren. In dem drachenförmigen Gebäudemit einem Umfang von sechs Kilometern weihnachtetes das ganze Jahr: Lichterketten funkeln anhunderten von Ständen. Endlose Reihen vonChristbaumkugeln, klein und farbig, mit Sternchenbemalt, glitzern im Neonlicht. Eine ganzeMenge davon landet an den 28 Millionen deutschenChristbäumen. So viele Tannen ziehen bis Heiligabendvom Wald in die warme Stube. Dazu 13 0000Tonnen Tannengrün. Etwa 12 000 Produzentenzüchten in Deutschland die immergrüne Pflanze,hauptsächlich in den Hauptanbaugebieten Sauerland,Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Dochlängst nicht jede Festtanne wird in heimischerErde erwachsen. Ein Drittel der Christbäumemüssen im Ausland geschlagen werden. Alleinaus Dänemark treten dieses Jahr etwa achtbis zehn Millionen Bäume ihre letzte Reisenach Deutschland an.Auch mehr als 260000Tonnen Kerzen rollten vergangenes Jahr aufden deutschen Markt: Weit über die Hälftedavon kam aus dem Ausland. Allein die VolksrepublikChina schickte 61 000 Tonnen.

Und schließlichmüssen auch noch etwa 300 000 Gänse zwischenSeptember und Dezember ihre Federn lassen,drei Viertel des deutschen Gans-Bestandes.Dem Heißhunger der Geflügelfreunde ist damitnicht beizukommen: Die heimische Produktionschafft gerade mal ca. 4000 Tonnen. Der Selbstversorgungsgradliegt bei zehn Prozent. In der Weihnachtszeit gehört der Gänsebratentraditionell auf die Speisekarte. Dabei stammt der Vogel nur nochselten aus Deutschland, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag inWiesbaden mitteilte. 2007 kamen hierzulande 2100 Tonnen Gänsefleischaus deutschen Schlachtungen auf dem Markt. Dies war ein Plus von 20Prozent gegenüber dem Vorjahr und ein neuer Höchstwert seit dem Jahr2000. Rund 20 000 Tonnen Gänsefleisch wurden 2007 allerdings nachDeutschland importiert. Die wichtigsten Lieferländer waren dabeiPolen mit etwa 14 000 Tonnen gefolgt von Ungarn mit 5 300 Tonnen.Blank wären übrigens die Gabentische ohneGameboys, Plüschtiere und Plastikautos ausFernost. Etwa 80 Prozent des in Deutschlandverkauften Spielzeugs kommt aus einer einzigenchinesischen Provinz mit der Fläche Baden-Württembergsund der Bevölkerungszahl Westeuropas: Mehrals 10000 Fabriken in Guadong nahe Hongkongfüllen die Kinderzimmer der Europäischen Union.Kolonnen von Lastwagen ziehen vor Weihnachtenzum Hafen Hongkong. Stoßstange an Stoßstange,beladen mit Ritterburgen, Puzzles, Barbiepuppen,Teddys und Computerspielen. Mehr als dreiMillionen Mitarbeiter produzieren für denweltweiten Spielzeugmarkt - für Löhne zwischenumgerechnet 70 bis 870 Euro im Monat.

Nach Angaben des Deutschen Verbandes derSpielwaren-Industrie wurde 2006 Spielzeugim Wert von 3,2 Milliarden Euro (2007: 3,4Milliarden Euro) umgesetzt. Aus dem Auslanddrängte in demselben Zeitraum Ware im Wertvon 2,8 Milliarden Euro in die Regale. Fast62 Prozent aller Artikel kamen 2007 aus demReich der Mitte. Auch nahezu alle Schaukelpferde.Billigimporte aus Fernost haben fast alledeutschen Hersteller in den Ruin getrieben:Im Städtchen Ohrdruf, einst Hochburg der thüringischenProduktion, hält noch ein einziger Rossmacherdie Tradition hoch. Außer hier wiehern nurnoch im Odenwald die Gäule eines Schaukelpferde-Schnitzers.Harald Boos, 49, der letzte seines Standes,gibt sich kampfbereit: "Unsere Pferdchen kannnur der Holzwurm beseitigen." Auch JustitiarUlrich Brobeil vom Verband der Spielwarenindustrieschöpft Hoffnung: "Die heimische Modelleisenbahnliegt wieder im Trend." Und wenn wir nachder Bescherung ein paar Nüsse knacken? Aufwenigen Flecken in Bayern und Baden-Württembergwiegen sie sich im Wind: Haselnusssträucher.Doch deswegen ist Deutschland noch lange keintraditionelles Nuss-Land. Nur Importe könnendie steigende Nachfrage zum Fest decken. 64000Tonnen Haselnüsse mit und ohne Schale importierteDeutschland 2007. Den Hauptanteil verarbeitetdie Schokoladenindustrie. Hauptlieferlandist die Türkei, die mit einer Jahresproduktionvon 600000 Tonnen knapp 80 Prozent des Haselnuss-Weltkonsumsdeckt.

Zudem kamen 24000 Tonnen Walnüsse ins Land,die meisten aus Kalifornien. Und auch dieMandeln sind importiert: 72000 Tonnen imvergangenen Jahr, mehr als je zuvor. Dassfür die Schokolade, die auch zum Fest gehört,der Rohstoff zu hundert Prozent aus dem Auslandkommt, verwundert da niemanden mehr: 78000Tonnen Kakao.