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Verkehrssicherheit Verkehrssicherheit: Airbag hat es inzwischen in fast alle Fahrzeuge geschafft

Von Heiko Haupt 13.09.2005, 08:19
Bewährtes Schutzkissen: Erste Patente gab es in den fünfziger Jahren. In Serie wurde ein Airbag-Steuergerät erstmals 1980. Heute gehört der Airbag zur Serienausstattung der meisten Autos. (Foto: dpa)
Bewährtes Schutzkissen: Erste Patente gab es in den fünfziger Jahren. In Serie wurde ein Airbag-Steuergerät erstmals 1980. Heute gehört der Airbag zur Serienausstattung der meisten Autos. (Foto: dpa) DaimlerChrysler

Stuttgart/dpa. - Er hat eine beeindruckende Karriere hingelegt: Vom anfangs teilweise noch skeptisch beäugten Extra für Oberklasse-Fahrzeuge hat es der Airbag bis zum fast unverzichtbarenSicherheitsmerkmal für alle Fahrzeugklassen gebracht. Benötigt hat er für diese Karriere exakt 25 Jahre. Bosch in Stuttgart hat nach eigenen Angaben im Jahr 1980 weltweit das erste Airbag-Steuergerät in die Serienfertigung gebracht. Ein Karriere-Knick ist für den Airbag nicht zu erwarten. Die Entwickler haben noch viel mit ihm vor.

Erste Patente für einen aufblasbaren Airbag gab es laut Boschbereits in den fünfziger Jahren. Richtig in Schwung kam dieEntwicklung jedoch erst später, als angesichts erschreckenderUnfallstatistiken der Ruf nach besserem Schutz für die Insassen laut wurde. Der erste Schritt bestand in der Einführung derSicherheitsgurte - danach machte man sich an die Weiterentwicklung des Airbag-Prinzips.

Der Grund für den Einbau von Sicherheitsgurten und Airbags ist ein einfacher: «Man möchte die Insassen so schnell wie möglich an der Verzögerung des Fahrzeugs teilhaben lassen», erläutert Enno Pflug von Siemens VDO in Schwalbach am Taunus. Wird der Insasse bei einer Kollision nicht festgehalten, bewegt sich der Körper weiter und kracht zumindest gegen Innenraum-Teile. Oder er fliegt gar durch die Frontscheibe.

Ein Airbag allein kann das allerdings nicht verhindern. «DerAirbag ist ein Zusatzschutz - das Sicherheitssystem Nummer eins ist aber weiterhin der Gurt», sagt Hubert Paulus vom ADAC Technikzentrum in Landsberg (Bayern). Der Gurt hält den Fahrer an seinem Platz und hilft auch bei weniger heftigen Unfällen, schlimme Verletzungen zu verhindern. Wenn es stärker kracht, unterstützt der Airbag in Zusammenarbeit mit den Gurtstraffern die eigentliche Funktion des Gurtes und sorgt unter anderem dafür, dass ein Fahrer nicht mit dem Kopf am Lenkrad anschlägt.

So sehr die Airbagtechnik bis heute weiterentwickelt wurde, eines hat sich nicht verändert: Die Zeit, die für sein Aufblasen benötigt wird. Es sind immer noch 30 Millisekunden, die der Airbag braucht, um aufzugehen. Feinarbeit wurde aber an der Elektronik dahinter geleistet. So bestand ein Steuergerät im Jahr 1980 laut Richard Backhaus von Bosch im Prinzip aus drei miteinander verbundenen Geräten mit insgesamt 170 Bauteilen, die nichts weiter zu tun hatten, als einen einzigen Airbag auszulösen.

Bosch selbst will nun im Jahr 2007 das System Airbag 10 anbieten. Das Gerät ist nun 70 Prozent kleiner als sein Urahn und hat nur 85 Bauteile. Damit wird allerdings nicht nur ein Airbag angesteuert, vielmehr lassen sich bis zu 24 solcher «Rückhaltemittel» anschließen. Schließlich hat sich die Zahl der Airbags im Auto mittlerweile vervielfacht. «Ein Steuergerät kann heute auch die Gurtstraffer oder das Auslösen von Überrollbügeln steuern», so Backhaus.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Airbag aufzublasen: Das traditionelle Prinzip besteht laut Hubert Paulus in derpyrotechnischen Zündung einer so genanten Treibladung. Dabei wird ein Gas freigesetzt, das zu 98 Prozent aus ungiftigem Stickstoff besteht. Dieses Prinzip wird heute vor allem bei den Fahrer-Airbags und den Gurtstraffern genutzt, weil es besonders Platz sparend ist. Für andere Airbags werden Systeme verwendet, in denen sich zum Beispiel nur kleine Sprengladungen oder elektrische Zündanlagen befinden, die ein Gas beziehungsweise Druckluft in einer Patrone zum Aufblasen des Luftsackes veranlassen.

Als wichtigste Weiterentwicklung bei den Airbags sehen Fachleutewie Paulus die seitlichen Vorhang-Airbags. «An den Seiten hat der Wagen anders als vorne keine Knautschzone - ein Seitenaufprall gegen einen Baum ist die schwerste Unfallkonstellation.»

Damit ein Airbag auslöst, muss er aber auch wissen, dass es einen Unfall gegeben hat - dafür kommen im Auto Sensoren zum Einsatz. «Für den Frontaufprall hat man ursprünglich Beschleunigungssensoren genutzt», sagt Enno Pflug. Die erkennen die unnatürliche negative Beschleunigung bei einem Zusammenstoß und geben den Befehl zum Auslösen. Für Seiten-Airbags nutzt man wegen der nötigen sehr schnellen Ansprechzeit andere Techniken: «Hier kommen Drucksensoren zum Einsatz.» Die bemerken, wenn sich der Luftdruck in den Hohlräumender Karosserie durch den Aufprall ändert und reagieren blitzschnell.

Für die Zukunft haben die Entwickler noch viel mit dem Airbag vor - vor allem geht es um einen «intelligenteren» Einsatz. Laut Bosch könne künftig über eine «Innenraum-Sensierung» erkannt werden, ob beispielsweise der Beifahrersitz besetzt ist oder sich darauf ein Kindersitz befindet - der Airbag löst nur dann aus, wenn sein Hilfe hier nötig ist.

Hubert Paulus rechnet künftig noch mit weiteren neuen Airbags imAuto - zum Beispiel in den vorderen Bereichen der Sitzfläche: Sie könnten die Sitzposition der Insassen im Notfall optimieren. Und Siemens VDO will dem Airbag künftig sogar das Hören beibringen. Hier arbeitet man an Airbag-Sensoren, mit denen die Unfallschwere am Geräusch erkannt wird. Eine ferne Zukunftsvision ist dieses Prinzip nicht - es soll schon 2007 in einem Serienfahrzeug zu finden sein.