Verkehr Verkehr: Siemens ruft Straßenbahnen des Typs Combino zurück

München/dpa. - Von Melbourne über Hiroshima bis Basel und Potsdam haben derzeit Kommunen in aller Welt mit dem selben Problem zu kämpfen: Der Siemens-Konzern hat wegen technischer Mängel Straßenbahnen des Typs Combino mit mehr als 120 000 Kilometern Laufleistung aus dem Verkehr gezogen. «Rollstuhlfahrer, ältere Leute und Frauen mit Kinderwagen haben jetzt ein Problem», sagte am Mittwoch Stefan Klotz von den Stadtwerken Potsdam. Denn die Combinos sind Niederflur-Fahrzeuge und bieten so einen niedrigen Einstieg. Potsdam musste aber wie andere Verkehrsbetriebe auch uralte tschechiche Straßenbahnen und anfangs sogar Museumsstücke reaktivieren, um den Linienverkehr aufrecht zu erhalten.
Für Siemens ist das Combino-Problem ein Desaster. Zwar schloss Konzern-Chef Heinrich von Pierer am Mittwoch in München weiter gehende Schadenersatzansprüche aus. Dennoch musste die Siemens-Bahntechnik allein im abgelaufenen Quartal Sonderbelastungen von 364 Millionen Euro hinnehmen. «Ich kann weitere Ergebnisbelastungen nicht ausschließen», räumte Pierer ein. Manch kleineres Unternehmen wäre bei einem solchen Fall wohl in Schieflage geraten; Siemens kann die Belastungen mit seiner großen Ertragskraft meistern. Ein Image-Schaden ist aber nicht zu leugnen.
Der Combino ist eigentlich ein Vorzeige-Produkt des Technologiekonzerns. 400 Stück wurden bisher ausgeliefert. Im Jahr 2001 demonstrierten die Basler Stadtwerke in einem «Weltrekord-Versuch», dass mehr als 40 Kinderwagen mit den dazugehörigen Eltern in einen Zug passen. Seit März sind auch die Basler Combino-Trams stillgelegt.
Beim Combino setzte Siemens auf eine Leichtbauweise. «Aluminium ist eben ein schwieriges Material», sagte Pierer. Bei der Entwicklung sei offenbar die Belastbarkeit geschweißter Aluminiumverbindungen nicht richtig eingeschätzt worden. Die Folge waren Risse an einigen Wagenkästen. Siemens habe bei den Kunden nun Teams mit 170 Experten im Einsatz. In der ersten Stufe gehe es nun um eine vorläufige Sanierung, später müsse dann eine Dauerlösung geschaffen werden. Die Auslastungsprobleme im Reparaturwerk Uerdingen seien jedenfalls erst einmal hinfällig.
Bei der Freiburger Verkehrs AG ist man zurückhaltend. «Wir erwarten schon, dass Siemens eine Dauer-Lösung präsentiert, die auch in 25 Jahren noch hält», sagte ein VAG-Sprecher am Donnerstag. Im Breisgau mussten alle neun Combino-Züge zurückgezogen werden. Vier 1971 gebaute Straßenbahnen wurden hier reaktiviert. «Wir kommen gerade so über die Runden», sagte der Sprecher. Die Rechnung für den Umbau der alten Fahrzeuge und die Schulung der Fahrer werde man Siemens vorlegen.