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Siemens wird in Pflicht genommen Siemens wird in Pflicht genommen: Durchatmen bei den BenQ-Beschäftigten

Von Peter Lessmann 24.11.2006, 15:05

Kamp-Lintfort/dpa. - «Das istmehr als zufriedenstellend. Vor ein paar Wochen standen wir noch vordem Nichts», sagt der Mitarbeiter von BenQ nach einerBetriebsversammlung in Kamp-Lintfort. Und seine Kollegin BrigitSchicke stimmt ihm zu: «Keiner hat damit gerechnet, dass Siemenszahlt - das hat die IG Metall gut gemacht».

In wochenlangen zähen Verhandlungen hatten Gewerkschaft,Insolvenzverwalter und Siemens über eine Lösung für die von derSchließung bedrohten 3000 Arbeitsplätze von BenQ Mobile in Kamp-Lintfort, Bocholt und München gerungen. Allein in NRW sind durch dieZahlungsunfähigkeit des taiwanesischen Handy-Herstellers 1800Menschen von Stellenabbau an den Standorten Kamp-Lintfort und Bocholtbetroffen.

Am Mittwoch sei ein Durchbruch erzielt worden, sagt derBezirksleiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, Detlef Wetzel.Die erlösende Botschaft: Siemens wird erheblich mehr tun, damit diebetroffenen BenQler eine neue berufliche Perspektive erhalten. DasUnternehmen habe in die soziale Verantwortung genommen werden können,sagte der Gewerkschafter.

Ursprünglich hatte sich Siemens lediglich bereit erklärt, rund 35Millionen Euro unter anderem für den Aufbau einer so genanntenTransfergesellschaft bereitzustellen. Jetzt sei es ein Vielfachesdavon, betonte Wetzel vor Journalisten in Düsseldorf. «Wir haben einegute Vereinbarung mit Siemens abgeschlossen», freut er sich. Wetzelspricht von Schadensbegrenzung, aber auch davon, dass durchMissmanagement viele Arbeitsplätze vernichtet worden seien.

Im schlimmsten Fall, so rechnen der IG Metaller und seinbayerischer Kollege Werner Neugebauer vor, würden sich die Zahlungenvon Siemens auf eine Summe von 180 Millionen Euro belaufen. DerMünchner Elektronikkonzern lässt rasch dementieren und spricht vonunseriösen Angaben. So falsch können die Zahlen der IG Metall nichtsein, denn es ist nur ein Szenario: Eintreten würde dieser Fall nur,wenn bei der Transfergesellschaft alle 3000 betroffenen BenQ-Mitarbeiter ab dem 1. Januar 2007 eingegliedert und bis zum 31.Dezember bei ihr blieben. Tatsächlich dürften die Finanzmittel vonSiemens erheblich niedriger ausfallen, je nachdem, wie viele BenQ-Mitarbeiter einen neuen Job finden und wie schnell. Schon heutesollen nach Kenntnis der IG Metall NRW bereits 200 eine Anstellungbei Siemens oder einem anderen Arbeitgeber gefunden haben.

Ganz trauen die BenQ-Mitarbeiter den Zusagen von Siemensallerdings noch nicht. «Ich bin misstrauisch, das muss ich erstschriftlich haben», sagt beispielsweise Markus Fühsing aus Krefeld.Die Betriebsratsvorsitzende Heike Deppner von BenQ Mobile Kamp-Lintfort spricht von einem guten Schritt. Viele Detailfragen seiennoch zu klären. Und dass es überhaupt so weit kommen konnte, führtder Gewerkschafter Ulrich Marschner auf den großen Schulterschlusszurück: «Der gemeinsame Druck aller Kräfte war entscheidend», sagter.

Manche BenQler in Kamp-Lintfort dürfen nach wie vor auf einePerspektive in dem Unternehmen hoffen. «Unser Ziel ist dieFortführung des Unternehmens», sagt Wetzel. Darüber wird derInsolvenzverwalter in den kommenden Wochen mit möglichenInteressenten verhandeln. Einer ist inzwischen nachBetriebsratsangaben nicht mehr dabei: Der südkoreanische HerstellerSamsung sei aus dem Rennen, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzendevon BenQ Mobile, Josef-Michael Leuker.