Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Zellstoffwerk in Arneburg beginnt mit dem Probebetrieb

Arneburg/dpa. - In der deutschen Zellstoffindustrie wurde Jahrzehntelang kein neues Werk gebaut, doch mit einer Milliardeninvestition im Norden Sachsen-Anhalts ist es wieder soweit. Noch im diesem Quartal will die Zellstoffwerk Stendal GmbH den Probelauf in dem Betrieb beginnen, den der US-Kanadische Konzern Mercer International Inc. (Vancouver) derzeit für mehr als eineMilliarde Euro in Arneburg hochzieht. 500 000 Tonnen hochwertigen Faserzellstoffs sollen einmal das größte Werk Zentraleuropas jährlich verlassen. 848 000 Tonnen Zellstoff wurden nach Angaben des Verbandes deutscher Papierfabriken im Jahr 2003 in Deutschland produziert, mit Arneburg steigt die Produktion in Deutschland um 65 Prozent.
«Absatzschwierigkeiten sehe ich dennoch nicht, der Markt wächstderzeit weltweit um jährlich vier Prozent», sagt der Geschäftsführerder Zellstoff Stendal GmbH, Wolfram Ridder. Außerdem würden derzeitin Deutschland jährlich vier bis fünf Millionen Tonnen Zellstoffimportiert. In Arneburg werde hochwertiger Zellstoff aus Nadelholzhergestellt. Daran bestehe auch international großer Bedarf.Zellstoff aus Nadelholz zeichne sich durch besondere Festigkeit aus.Das sei die Voraussetzung, um recyceltes Altpapier in derPapierproduktion einsetzen zu können.
Mercer hält mit 64 Prozent den Mehrteil der Anteile in Arneburg.RWE ist zu 29 Prozent und die Altmark Industrie AG mit 7 Prozentbeteiligt. Ende der 90er Jahre hatte Mercer bereits in das inBlankenstein (Thüringen) gelegene Werk «Rosenthal» 360 Millionen Euroinvestiert. 300 000 Tonnen Zellstoff können dort jährlich produziertwerden. Rosenthal war das erste Werk in Deutschland, das denZellstoff mit Hilfe einer modernen Sulfat-Technologie aus dem Holzherauslöst. Das hat den Vorteil, das es im Umkreis der Fabrik nichtnach faulen Eiern riecht, ein Merkmal einer veralteten Technologie.
Dass es in Deutschland mit dem Werk nicht zu einemVerdrängungskampf kommen werde, denkt auch Michael Kessener,Geschäftsführer des Verbandes der Papierindustrie (Bonn).«Erfahrungsgemäß versuchten Neuanbieter in der Branche, ihre Produkteim Ausland abzusetzen». Kessener denkt dabei vor allem an Osteuropa.Auch auf die Preise - sie liegen derzeit mit rund 545 Euro pro Tonnehoch - wird das neue Werk wenig Einfluss nehmen. «Gemessen an derweltweiten Produktion von rund 100 Millionen Tonnen Zellstoff imJahr, wirkt das hier bescheiden», sagte Ridder.
Nach Angaben des Verbandes Deutscher Papierfabriken istDeutschland die Nummer 1 in Europa. Weltweit steht sie nach den USA,China, Japan und Kanada an fünfter Stelle. Mit einem Umsatz von 13Milliarden Euro und einer Jahresproduktion von 19,3 Millionen Tonnenwurden 2003 rund 3000 verschieden Papiere hergestellt. Papiere ausrecycelten Material nehmen dabei zu.
Obwohl das Werk noch nicht produziert, werden bereits tausendeTonnen Festmeter Holz vorgehalten. 3500 Tonnen braucht das Werktäglich. Aus ganz Deutschland, vor allem aus einem Umkreis von 300Kilometern, soll der Rohstoff vor allem per Bahn herangeholt werden.«Wir brauchen 3 Millionen Festmeter im Jahr», sagt Ridden. Engpässebefürchtet er nicht. «Wir freuen uns auf Arneburg», sagte derSprecher des Landesforstbetriebes Sachsen-Anhalt Michael Schenk.Niemand müsse Angst haben, dass wegen des Werkes ganze Wäldersterben. Das Holz falle ganz normal bei der Bewirtschaftung vonWäldern an. «Es gibt vor allem in den neuen Bundesländern vieleprivate Wälder, die seit der Wende keine Axt gesehen haben».
Nach Ansicht von Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister HorstRehberger (FDP) löst das Werk eine Initialzündung für die RegionAltmark aus. 250 Millionen Euro Fördergelder gaben EU, Bund und Land.Kredite stellte ein Konsortium unter der Führung der Vereinsbank inHöhe von 830 Millionen Euro bereit. 100 Millionen brachten dieGesellschafter auf. Neue Investoren stehen bereit. So wird einSägewerk folgen und derzeit gibt es Verhandlungen über einePapierfabrik auf dem 600 Hektar großen Gelände.