Rügen Rügen: In Prora wird Geschichte der Bausoldaten ignoriert

Prora/Berlin/dpa. - Die Geschichte der DDR-Bausoldaten wird nachAuffassung des Berliner Historikers Stefan Wolter in Prora auf derInsel Rügen weitestgehend ignoriert. «Prora war in den 1980-er Jahrender größte Standort für Bausoldaten in der früheren DDR», sagteWolter am Donnerstag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Bisher erinnere jedoch kein Ort in der früherennationalsozialistischen Ferienanlage an deren Demütigungen undEntrechtungen. Bausoldat war für Wehrpflichtige in der DDR dieeinzige Möglichkeit, den Dienst an der Waffe zu verweigern, ohnedafür inhaftiert zu werden.
Zwischen 1983 und 1989 haben nach Schätzungen des Historikerszwischen 2000 und 4000 Bausoldaten allein in Prora gedient, wo sie indrei Etagen des NS-Baues untergebracht waren. Sie seien maßgeblich amBau des Hafens Sassnitz-Mukran beteiligt gewesen.
«Die Bausoldaten waren einem extremen psychischen und physischenDruck und der Beobachtung der Staatssicherheit ausgesetzt», sagteWolter, der über die Geschichte der Bausoldaten zwei Bücher schrieb.Der promovierte Historiker, der zwischen 1986 und 1988 selbst inProra als Bausoldat diente, will mit anderen Betroffenen im Herbsteinen Verein gründen. Ziel sei es, in der Jugendherberge, die in demNS-Bau geplant sei, eine Dokumentations- und Erinnerungsstätteeinzurichten.
In Prora findet Wolter derzeit jedoch kaum Entgegenkommen. DasDeutsche Jugendherbergswerk habe keinen Gesprächsbedarf, sagte er. «Wir stoßen auf Beton.» Auch das Dokumentationszentrum Prora, dassich der Aufarbeitung der NS-Sozialgeschichte widmet, sah bislangkeinen Handlungsbedarf, seine Ausstellung auf den Bereich derBausoldaten auszuweiten, wie Wolter sagte. «Es ist skandalös, dassdie Spuren der Bausoldaten und damit ihre Geschichte in Prorazunehmend getilgt werden», sagte Wolter.