Visa-Affäre Visa-Affäre: Grüne nennen neue Vorwürfe in Kiew «weltfremd»
Berlin/dpa. - Die Grünen haben neue Berichte über massiveProbleme bei der Visa-Vergabe an der deutschen Botschaft in Kiew nach2003 als wahrheitsverzerrend zurück gewiesen. Bei der derzeitigenLage mit über 100 000 Visa pro Jahr sei es «völlig weltfremd» zuglauben, dass es keine Verstöße oder keinen Missbrauch gebe, sagteder Grünen-Obmann im Visa-Untersuchungsausschuss Jerzy Montag amDonnerstag. Laut ARD hatte die Chefin der Visa-Stelle in Kiew imFebruar 2004 darauf verwiesen, dass «der Anteil der erschlichenenVisa weiterhin groß ist». Montag äußerte zugleich - anders als dieSPD - starke Bedenken gegen eine TV-Übertragung der Aussage vonAußenminister Joschka Fischer (Grüne) vor dem Ausschuss.
Nach Auffassung von Grünen-Chef Reinhard Bütikofer muss dieDebatte um die Visa-Affäre «entgiftet» werden. «Die Notwendigkeit derReisefreiheit, damit Europa zusammenwachsen kann, darf jedenfallsnicht unter die Räder kommen», sagte Bütikofer der «SaarbrückerZeitung». Der Aussage Fischers am 25. April im Untersuchungsausschusssehe er positiv entgegen. «Er hat Fehler eingestanden und korrigiert.Aufklärungsbedürftig ist aber auch, was in der Öffentlichkeit anfalschen Behauptungen herumgeistert.»
Der FDP-Obmann im Visa-Untersuchungsausschuss, Hellmut Königshaus,bestätigte die ARD-Informationen. In den vorliegenden Akten habe manauch festgestellt, dass dem Personal in der deutschen Botschaft inKiew bis zum Sommer 2004 «praktisch für die Prüfung maximal zweiMinuten zur Verfügung standen», sagte Königshaus. Das reiche«überhaupt nicht aus». Mit Blick auf eine mögliche TV-Übertragung derFischer-Aussage sagte Königshaus: «In einem solchen konkreten Fallhaben wir eigentlich nichts dagegen.»
Montag mahnte dagegen, ein solche Entscheidung müsse «noch sehr,sehr ernsthaft» überlegt werden. Durch eine TV-Übertragung würden derCharakter der Untersuchungsausschüsse und auch die Rolle der Zeugenverändert. «Ich bin grundsätzlich noch überhaupt nicht entschieden indieser Frage, und ohne meine Stimme wird es eine solche Übertragungnicht geben», sagte Montag der dpa. Die Union will am 14. April inder Frage entscheiden, dringt aber zuvor auf eine Aufhebung der alsgeheim eingestuften Akten.
Auch Montag betonte, dass die Akten in größerem Ausmaß freigegebenwerden müssten. Allerdings zeichne sich in dieser Frage ein gangbarerWeg ab. Den Ministerien sollten im Vorgriff auf bestimmte Komplexeder Beweiserhebung die Freigabewünsche für Akten mitgeteilt werden.«Die Ministerien haben uns zugesichert, dass sie dann sehr rasch undsehr großzügig über unsere Wünsche entscheiden.»