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Vatikan Vatikan: Attentäter Ali Agca soll freigelassen werden

09.01.2006, 19:27
Papst Johannes Paul II. (l) reicht am 27.12.1983 im römischen Gefängnis Ribibbia dem Türken Mehmet Ali Agca die Hand. Bei einem Attentat hatte Agca den Papst am 13. Mai 1981 auf dem Petersplatz in Rom mit mehreren Schüssen schwer verletzt (Archivfoto). (Foto: dpa)
Papst Johannes Paul II. (l) reicht am 27.12.1983 im römischen Gefängnis Ribibbia dem Türken Mehmet Ali Agca die Hand. Bei einem Attentat hatte Agca den Papst am 13. Mai 1981 auf dem Petersplatz in Rom mit mehreren Schüssen schwer verletzt (Archivfoto). (Foto: dpa) UPI

Rom/dpa. - Das klingt verschnupft, als habe er erst einmal Mühe, dieNachricht zu verdauen.

«Verbrechen des Jahrhunderts» nennen Gläubige in Rom noch heutedie Tat an jenem Spätnachmittag des 13. Mai 1981, als die Schüsseüber den Petersplatz peitschten. Schwer verletzt sackte Johannes PaulII. in sich zusammen, dass er überlebte, ist für viele ein Wunder.Doch mindestens ebenso wundersam finden es Experten wie Laien, dassein Vierteljahrhundert danach die Hintergründe der Tat nach wie vorim Dunklen liegen. Kommentatoren sprechen vom «Mysterium einesVerbrechens».

Kaum eine andere Bluttat unserer Zeit - außer dem Kennedy-Mord -hat derart rätselhafte und mysteriöse Begleitumstände, um keinanderes Verbrechen ranken sich so viele Spekulationen und Gerüchte -begleitet vom beharrlichen Schweigen des Vatikans. Nur eines sehenselbst Gutgläubige in Rom mittlerweile als ziemlich gesichert an:Dass die beinahe tödlichen Schüsse auf den polnischen Pontifex nichtdas Werk eines einzelnen jungen Mannes sein können. «Ein Attentat,das noch nicht aufgeklärt ist», wie die römische Zeitung «LaRepubblica» bissig vermerkt. «Ich bin glücklich», zitierenitalienische Medien Ali Agca, den Noch-Häftling in Istanbul. 48 Jahrealt ist der Mann an diesem Montag geworden, in ein paar Tagen soll erfreikommen. «Sein Leben ist in Gefahr», warnt dagegen FerdinandoImposimato, einer der Richter, der seinerzeit an den Ermittlungenbeteiligt war. «Agca weiß zu viel über die Verschwörung gegenJohannes Paul.»

Verschwörung, Komplott, dunkle Machenschaften - das sind dieBegriffe, mit denen Vatikanisten und Justizexperten der italienischenMedien nur so um sich werfen. Dreh- und Angelpunkt ist die «pistabulgara», die bulgarische Spur: Angeblich waren es Agenten aus Sofia,die das Komplott eingefädelt hätten, angeblich auf Befehl Moskaus,angeblich seien auch DDR-Geheimdienstler der Stasi mit im Bootgewesen. Mehrere Bulgaren und Türken standen in Rom schon vor Gericht- doch die die Tatsache, dass sie freigesprochen wurden, konnte dieSkeptiker in keinster Weise beruhigen.

Schließlich habe der strikt antikommunistische Pole Karol Wojtyladie Machthaber im damaligen Ostblock unmissverständlichherausgefordert. Besonders seine schützende Hand über der polnischenDemokratiebewegung sei dem Kreml Anfang der 80er Jahre ein Dorn imAuge gewesen. Tatsächlich gilt der Beitrag Johannes Pauls beim Falldes Kommunismus unter Historikern heute als gesichert. Reiner Zufall,dass Ali Agca später aussagte, es habe auch ein Mordkomplott gegenden damaligen polnischen Gewerkschaftsführer Lech Walesa gegeben?«Der Schleier ist noch nicht gelüftet», meint ein Experte in Rom.