USA USA: Amerika beginnt mit Aufbau von Raketenabwehr

Washington/dpa. - Nach jahrelangen Kontroversen beginnen die USA jetzt mit dem Aufbau einer Raketenabwehr. Präsident George W. Bush teilte am Dienstag mit, dass er die Anordnung zur Stationierung erster Systeme in Fort Greeley (Alaska) gegeben habe. Sie sollen im Jahr 2004 einsatzbereit sein. In einer schriftlichen Erklärung verwies Bush auf die neuartigen Bedrohungen durch Terroristen und so genannte Problemstaaten, auf die sich die USA vorbereiten müssten.
Der Präsident betonte zugleich, dass das Pentagon Abwehrsysteme entwickeln und stationieren werde, die auch befreundete und verbündete Staaten schützen könnten. «Es ist von grundlegender Bedeutung, dass wir bei der Verteidigung gegen die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts zusammenarbeiten», erklärte Bush. Zahlreiche europäische Staaten sowie Russland und China hatten in der Vergangenheit Bedenken gegen eine Raketenabwehr geäußert und dabei hauptsächlich vor der Gefahr strategischer Instabilität gewarnt.
Der Aufbau einer Raketenabwehr zum Schutz gegen Staaten wie Irak, Iran und Nordkorea sowie gegen Terroristen gehörte zu den Hauptzielen, die Bush im Wahlkampf verkündet hatte. Bereits im Frühsommer war in Alaska mit vorbereitenden Arbeiten begonnen worden. Nach Angaben Bushs wird die in Fort Greeley geplante Abwehr land- und seegestützte Elemente zum Zerstören anfliegender Raketen, Patriot- Systeme und Sensoren auf dem Land, auf See und im All einschließen.
Der Präsident bestätigte zugleich, dass die US-Regierung eine Vereinbarung mit Großbritannien und Dänemark zur Modernisierung von Radaranlagen auf deren Territorien anstrebe. Wie es in London und Kopenhagen hieß, wollen die USA die nordenglische Basis Flyingdales und den Stützpunkt Thule in Grönland, das zu Dänemark gehört, für den Raketenschild nutzen.
Wie Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Generalstabschef Richard Myers vor Journalisten bestätigten, sollen bis 2004 erste zehn Systeme stationiert und einsatzbereit sein. Weitere zehn sollten 2005 folgen und der Schild dann schrittweise immer mehr ausgebaut werden. Rumsfeld erwartet nach eigenen Worten, dass sich im Laufe der «mehrere Freunde» anschließen werden.
Der Pentagon-Chef räumte ein, dass das System noch nicht perfekt sei. Es handele sich um ein evolutionäres Programm, dass stetig fortentwickelt und verbessert werde und «am Ende sehr wahrscheinlich anders aussieht als wir es heute sagen können». Zehn Systeme in der Anfangsphase würden nur begrenzten Schutz gegen ballistische Raketen bieten, aber derzeit gebe es einen solchen Schutz überhaupt nicht.
Von bisher acht Raketenabwehr-Tests waren fünf gelungen und drei fehlgeschlagen, der letzte davon erst am 11. Dezember. Kritiker erneuerten darauf hin ihren Vorwurf, dass das Abwehrsystem noch nicht «stationierungsreif» sei. Es ist so konzipiert, dass der Sprengkopf einer anfliegenden gegnerischen Rakete hoch in der Luft durch Kollision mit einer Abwehrwaffe zerstört wird. Beim jüngsten fehlgeschlagenen Test hatte sich diese Waffe, das so genannte Kill Vehikel, nicht rechtzeitig vor dem Zusammenprall von seiner Trägerrakete gelöst.
Vor fast genau einem Jahr hatte Bush den ABM-Vertrag von 1972 mit Moskau zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen gekündigt und damit den Weg für die Verwirklichung seines Programmes freigemacht. In seiner Erklärung würdigte Bush, dass es inzwischen eine «positive Partnerschaft» mit Moskau gebe, die eine Änderung des bisherigen Abschreckungskonzepts erlaube.