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Politikwissenschaftler Speth zur SPD SPD und Sponsoring: Politikwissenschaftler Rudolf Speth über Intransparenz bei Parteien

Von Steven Geyer 24.11.2016, 06:03
 Exemplare der SPD-Zeitung «Vorwärts» laufen am 28.11.2016 über ein Transportband in einer Druckerei in Kiel.
 Exemplare der SPD-Zeitung «Vorwärts» laufen am 28.11.2016 über ein Transportband in einer Druckerei in Kiel. dpa

Herr Speth, die SPD hat eine PR-Agentur Treffen mit ihren Politikern vermitteln und dafür Sponsoren suchen lassen. Nach der Enthüllung will die Partei die Praxis stoppen – obwohl sie offenbar nicht illegal ist. Halten Sie sie für problematisch?

Wenn rechtlich nichts zu beanstanden ist, ist das eine Ebene. Denn Sponsoring ist in der Parteifinanzierung bislang kaum geregelt, sodass es auch dadurch nicht illegal sein mag. Man sollte aber durchaus prüfen, künftig auch für Sponsoring Grenzen einzuziehen: wie  viel Geld fließen darf, wie man Einnahmen transparenter macht. Die andere Ebene ist: Parteien sind keine privaten Organisationen, sondern haben einen öffentlichen Auftrag. Wenn der Zugang zu Politikern verkauft wird, schränkt das den Zugang zu Abgeordneten und Amtsträgern ein, der eigentlich für alle frei sein muss.

Worin besteht die Gefahr bei solchen Hinterzimmertreffen?

Unser Demokratieverständnis setzt ein Maximum an Öffentlichkeit voraus. Geheim bleiben darf nur das Nötigste im politischen Prozess, also von dem, was in Ministerien und in Parteien geschieht. Zwar muss nicht alles, was im Kanzleramt besprochen wird, sofort öffentlich werden. Aber hinreichende Information darüber muss schon sein, damit man einschätzen kann, wer die Politik wie beeinflusst. Deshalb muss die Öffentlichkeit die Teilnehmer an solchen Treffen auch erfragen können. Das war hier nicht der Fall.

Das große Interesse an dem SPD-Fall rührt nun vor allem daher, dass Sponsoren involviert waren. Wäre kein Geld geflossen, wären die Runden mit Lobbyisten und Politikern dasselbe, was es regelmäßig in der Parlamentarischen Gesellschaft am Bundestag gibt.

Der Unterschied ist, dass dort kein Geld gezahlt wird, um teilzunehmen. Natürlich werden bestimmte Leute eingeladen und andere eben nicht – das ist eine Beschränkung. Wenn aber, wie im aktuellen Fall, Geld gezahlt und das auch noch mit dem Begriff „Sponsoring“ belegt wird, wird ja signalisiert: Es geht auch um eine Gegenleistung.

In den USA hat von dieser Entwicklung Donald Trump profitiert, der nun verspricht, den »Sumpf« von Washington trockenzulegen und Lobbyisten zu verbannen. Warum Lobbyismus nicht gleich ganz verbieten?

Lobbyismus gehört zum politischen System durchaus hinzu, weil jeder das Recht hat, sich für seine Interessen einzusetzen und sich dafür auch zu organisieren. Das ist an sich noch kein Problem. Eine Grenze ist erreicht, wenn Lobbying intransparent erfolgt, wenn nicht mehr nachvollziehbar ist, wer welche Interessen ins politische System transportiert. Ein Problem ist auch, wenn die Seite gewechselt wird und spezielles Wissen und Kontakte danach weiterverwendet oder Gefälligkeiten nachträglich vergütet werden. Generell muss Lobbyismus dann begrenzt werden, wenn er die Fundamente demokratischer Politik angreift: allem voran die Verantwortlichkeit, Nachvollziehbarkeit und Transparenz.

Das Gespräch führte Steven Geyer

Zur Person

Rudolf Speth, 59, ist Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin und spezialisiert auf die Themen Lobbying, Zivilgesellschaft und politische Beteiligung. Er veröffentlichte als Herausgeber und Co-Autor unter anderem die Bücher  „Lobby Work. Interessenvertretung als Politikgestaltung“ und „Die fünfte Gewalt – Anatomie des Lobbyismus in Deutschland“.