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Giftanschlag auf Sergej Skripal Skripal: Deutschland weist vier russische Diplomaten aus

Von Damir Fras 26.03.2018, 14:47
Die Botschaft der Russischen Föderation in Berlin. 
Die Botschaft der Russischen Föderation in Berlin.  dpa-Zentralbild

Berlin - Der Streit des Westens mit Russland wegen des Giftanschlags von Salisbury in Großbritannien spitzt sich dramatisch aus. Die Bundesregierung verwies am Montagnachmittag vier russische Diplomaten des Landes. In Moskau dürfte der Schritt zu erheblichem Unmut führen. Die russischen Behörden weisen jegliche Verantwortung für den Anschlag zurück, bei dem Anfang März ein ehemaliger britisch-russischer Doppelagent und seine Tochter vergiftet wurden. 

Offenbar koordinierte Aktion

Die Ausweisung der Diplomaten war offenbar eine koordinierte Aktion mehrerer westlicher Regierungen. Die USA wiesen am Montag 60 russische Diplomaten aus und schlossen das russische Konsulat im Westküstenstaat Seattle. Insgesamt schlossen sich 14 EU-Staaten, darunter Frankreich, der Aktion an und wiesen russische Botschaftsangehörige aus. 

Das Auswärtige Amt in Berlin begründete die diplomatische Eskalation mit der Solidarität zu Großbritannien. Allerdings dürfte auch der jüngst enthüllte Hackerangriff auf ein Computernetzwerk des Bundes, der möglicherweise von staatlichen Stellen in Russland gesteuert wurde, eine Rolle gespielt haben. Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte, Russland trage „immer noch nicht zur Aufklärung“ des Anschlags von Salisbury bei. Dabei wiesen die „Fakten und Indizien nach Russland“.

Gespräche mit Macron und Maas

Die Eskalation hatte sich angekündigt: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hatten Ende vergangener Woche beim EU-Gipfel in Brüssel angekündigt, dass sie sich über weitere Schritte abstimmen wollten. Über das Wochenende gab es ein Gespräch des neuen deutschen Außenministers Heiko Maas (SPD) mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian. 

Am Montagnachmittag schließlich wurde die russische Seite vom Auswärtigen Amt in Berlin über die Ausweisung von vier Diplomaten informiert, die offenbar einen nachrichtendienstlichen Hintergrund haben. Sie müssen Deutschland bis kommenden Montag verlassen, so das Ministerium. Zugleich betonte Außenminister Maas: „Wir sind weiterhin offen für einen konstruktiven Dialog mit Russland, der zu vielen internationalen Themen notwendig bleibt.“ 

Zuvor hatte bereits Großbritannien 23 russische Diplomaten ausgewiesen. Moskau reagierte seinerseits mit der Ausweisung von 23 britischen Botschaftsangehörigen. Auch hatten die Staats- und Regierungschef von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA gemeinsam erklärt, „dass Russland mit hoher Wahrscheinlichkeit die Verantwortung für diesen Anschlag trägt“. 

Ex-Doppelagent und Tochter bewusstlos gefunden

Der britisch-russische Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Yulia waren Anfang März bewusstlos auf einer Parkbank in der englischen Stadt Salisbury aufgefunden worden. Nach britischer Darstellung wurden sie mit dem in der Sowjetunion entwickelten Nervengift Nowitschok vergiftet. Der Gesundheitszustand der beiden Anschlagsopfer wird von Ärzten als kritisch bezeichnet. Nach Einschätzung von Experten wurde bei dem Anschlag in Salisbury zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg ein Nervengift offensiv angewendet. Das verstößt nach westlicher Auffassung gegen das Völkerrecht und die Bestimmungen des sogenannten Chemiewaffen-Übereinkommens. 

Der Giftanschlag ist lediglich der vorläufige Höhepunkt einer Entfremdung, die seit Jahren zwischen dem Westen und Russland anhält. Wegen der Annexion der Halbinsel Krim vor vier Jahren und wegen der Einmischung in den militärischen Konflikt in der Ost-Ukraine wurde Russland mit Sanktionen belegt. 

Eine offizielle Reaktion aus Moskau auf die Ausweisung seiner Diplomaten stand am Montagnachmittag noch aus. Doch bereits am Wochenende hatte der russische Botschafter in Berlin die Bundesregierung gewarnt. „Die deutsch-russischen Beziehungen haben eine strategische Bedeutung“, sagte Sergej Netschajew der dpa. Der Botschafter bestritt jegliche Verwicklung Russlands in den Anschlag: „Massenvernichtungswaffen auf dem Staatsgebiet eines Nato-Mitgliedstaates vorzubereiten, wozu man ein professionelles chemisches Labor und Experten benötigt, wobei die Folgen unumkehrbar sein können - das ist nicht einmal aus der Welt von Science Fiction, sondern eher der Psychiatrie.“

Polizisten und Soldaten untersuchen den Ort, an dem der frühere Doppelspion und seine Tochter vergiftet wurden.
Polizisten und Soldaten untersuchen den Ort, an dem der frühere Doppelspion und seine Tochter vergiftet wurden.
PA Wire