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Neues Endlager in Sachsen-Anhalt? Neues Endlager in Sachsen-Anhalt?: Land will Atommüll-Pläne keineswegs akzeptieren

Von Hagen Eichler 15.04.2019, 07:00

Magdeburg - Mit einem Forschungsvorhaben zum Thema Atommüll hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Sachsen-Anhalts Landesregierung verärgert. Laut einem der MZ vorliegenden Papier wollte Altmaier in Sachsen-Anhalt und zwei weiteren Braunkohleländern nach Gestein suchen, in dem sich radioaktive Abfälle dauerhaft lagern lassen. Die schwarz-rot-grüne Landesregierung lehnt das strikt ab: Sie fürchtet eine Vorfestlegung bei der Suche nach einem Endlager.

Dieser Vorschlag werde als „nicht nachvollziehbar“ abgelehnt, verbreitete die Staatskanzlei per Pressemitteilung. Landesumweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) verwies auf das Gesetz zur Endlagersuche, wonach eine Erkundung bundesweit erfolgen soll. „Das ist das Versprechen des Bundes. Ich gehe davon aus, dass es eingehalten wird“, sagte sie der MZ. „Eine Vorfestlegung darf es nicht geben.“

„Labore in Kohleregionen“

Im Blick hat Dalbert ein Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministeriums zum Braunkohleausstieg. Als sogenanntes Leuchtturmprojekt des Bundes wird dort die Gründung eines Helmholtz-Zentrums vorgeschlagen, das Untertage-Labore in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen aufbauen soll. Das Ziel: die „Untersuchung unterschiedlicher Wirtsgesteine für die Entscheidungsfindung im Hinblick auf die Endlagerung radioaktiver Abfälle“. Weiter heißt es: „Die Labore müssen auf verschiedene Braunkohleregionen aufgeteilt werden, um die Erforschung der drei in die Endlagerstandortsuche einbezogenen Wirtsgesteine - Salzgestein, Tongestein und Kristallingestein - abzudecken.“

Doch warum eine Untersuchung gerade in den drei Braunkohleländern? Immerhin hatte die Endlager-Kommission des Bundes 2016 entschieden, dass die Suche nach dem Prinzip der „weißen Landkarte“ erfolgen soll. Mit anderen Worten: Jede Region Deutschlands kann in Frage kommen, gesucht wird nach dem am besten geeigneten Standort. Für diese Suche gibt es bereits eine Einrichtung, die Bundesgesellschaft für Endlagerung. Bis zur Jahresmitte 2020 soll diese eine grobe Vorauswahl treffen und Endlager-ungeeignete Gebiete aussieben. Das sind etwa von Erdbeben oder Vulkanismus gefährdete Regionen oder solche mit intensivem Bergbau.

Alles nur ein Missverständnis?

Wie aber passt ein Helmholtz-Zentrum mit Untertage-Laboren in lediglich drei Bundesländern in eine bundesweite Suche? Auch das für Reaktorsicherheit zuständige Bundesumweltministerium unter Svenja Schulze (SPD) ist irritiert. „Wir bitten das Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen der Ressortabstimmung um Aufklärung, um Missverständnisse zu vermeiden“, sagte ein Ministeriumssprecher der MZ. „Mit der Endlagersuche hat das nichts zu tun. Da gilt das Prinzip der weißen Landkarte und das im Standortauswahlgesetz festgelegte Verfahren.“

Das angesprochene Ressort selbst spricht von einem „Missverständnis“. Zur Frage einer geeigneten Umgebung für Atommüll gebe es noch Forschungsbedarf, heißt es. Aber: Die Ansiedlung einer wissenschaftlichen Einrichtung sei keinesfalls eine Vorfestlegung für den Standort des Endlagers. Ein Ministeriumssprecher versicherte, ohnehin würden sämtliche Leuchtturmprojekte des Bundes „in enger Abstimmung mit den betroffenen Ländern“ festgelegt. „Bisher gibt es noch keine Festlegungen, nur Vorschläge.“

Das Land legt sein Veto ein

Aus Sachsen-Anhalt jedenfalls kommt Widerstand. „So eine Idee werden wir keinesfalls akzeptieren“, sagte Regierungssprecher Matthias Schuppe.

Das geplante Endlager soll die Abfälle aus Deutschlands Kernkraftwerken aufbewahren. Laut Gesetz soll der Standort die bestmögliche Sicherheit „für einen Zeitraum von einer Million Jahre“ bieten - so lange könnte es laut Wissenschaftlern dauern, bis die radioaktive Strahlung abgeklungen ist. Derzeit gibt es - mehr als 60 Jahre nach Inbetriebnahme des ersten deutschen Atommeilers - nur „Zwischenlager“ für die Abfälle. Kein Bundesland will ein Endlager. Die bayerische Staatsregierung hat sich darauf sogar per Koalitionsvertrag festgelegt. (mz)