Dimension Cyber Neuer Bundeswehr-Zweig zur Abwehr von Hackerangriffen auf die IT-Infrastruktur

Das Internet und die elektronische Infrastruktur sind längst Schauplatz feindlicher Auseinandersetzungen zwischen Staaten: Hacker dringen im Auftrag fremder Regierungen in IT-Systeme von Verwaltungen ein, um dort sensible Daten zu stehlen. Oder sie schleusen Viren in die Computer von Fabriken, Kraftwerken und Kommandozentralen, um die Anlagen außer Betrieb zu setzen. Die Bundeswehr will sich selbst und das Land fortan besser gegen digitale Bedrohungen schützen. Am Mittwoch stellte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Bonn das Kommando Cyber- und Informationsraum in Dienst. Ein Blick auf den Stand der Dinge.
Um was genau geht es?
Ministerin von der Leyen schafft einen neuen militärischen Organisationsbereich. Er ist künftig für die Dimension Cyber zuständig – so wie Heer, Marine und Luftwaffe bisher schon für die Verteidigung an Land, auf dem Wasser und in der Luft zuständig sind. Die Experten sollen künftig die eigene IT-Infrastruktur der Bundeswehr schützen. Die Truppe unterhält eines der größten Computernetze Deutschlands. Es ist bereits jetzt regelmäßig Ziel von Hacker-Angriffen: Nach Angaben des neuen Bereichsinspekteurs, General Ludwig Leinhos, gab es allein in den ersten neun Wochen dieses Jahres 284.000 Versuche, Bundeswehr-Rechner von außen anzuzapfen.
Wird die neue Cyber-Truppe auch selbst elektronische Attacken im Ausland ausführen?
Dazu soll sie in der Tat fähig sein. Die Hürden für ein entsprechendes Vorgehen sind aber hoch, ohne konkreten Beschluss des Parlaments geht hier nichts. Verteidigungsministerin von der Leyen sagte am Mittwoch: „Wenn die Netze der Bundeswehr angegriffen werden, dann dürfen wir uns auch wehren.“ Im Inland würden andere staatliche Institutionen einbezogen. „In den Auslandseinsätzen ist die Lage klar: Hier bestimmen die Bundestagsmandate die Möglichkeiten und –Grenzen. Das gilt selbstverständlich auch für den Cyberraum.“ Dieser Punkt ist auch den Parlamentariern selbst wichtig.
Wie groß wird der neue Organisationsbereich überhaupt sein?
Das Kommando Cyber- und Informationsraum hat jetzt zunächst 260 Angehörige. Ab Sommer werden ihm nach und nach weitere existierende Einheiten der Bundeswehr unterstellt, etwa das Kommando Strategische Aufklärung oder das Zentrum für Geoinformationswesen. „Dabei gibt es keine Auswirkungen auf Standorte der Bundeswehr und der Organisationsbereich wird etwa 13.500 Dienstposten umfassen“, heißt es im Verteidigungsministerium. Bis zum Jahr 2021 soll der Bereich weiter anwachsen und seine volle Einsatzbereitschaft erreichen. Fünf Jahre sind für eine Verwaltung eine kurze Zeit, in der schnelllebigen Computerwelt aber eine Ewigkeit. Geplant ist auch, an der Bundeswehr-Universität München ein Forschungszentrum zur Cyber-Sicherheit einzurichten.
Wo will die Bundeswehr überhaupt die ganzen IT-Experten herbekommen?
Die Truppe beschäftigt schon etliche Computer-Experten. Weitere sollen auf dem Arbeitsmarkt gewonnen werden. Eintausend Fachleute sollen allein in diesem Jahr neu als IT-Soldaten zur Truppe stoßen, außerdem 850 militärische oder zivile IT-Administratoren. Die Bundeswehr konkurriert hier mit der Privatwirtschaft, die ebenfalls händeringend nach Computer-Spezialisten sucht und häufig sogar deutlich mehr Geld bieten kann. Um potenziellen Bewerbern den Dienst in der Truppe schmackhaft zu machen, hat das Ministerium eine groß angelegte Werbekampagne gestartet. Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels warnt: „Die Personalbedürfnisse des neuen Cyber-Kommandos dürfen nicht den Rest der Bundeswehr kannibalisieren.“