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Nach Flüchtlings-Debatte mit Sigmar Gabriel Nach Flüchtlings-Debatte mit Sigmar Gabriel: Til Schweiger beschimpft seine Kritiker auf Facebook

Von Thomas Kröter 10.08.2015, 09:27

Berlin - Ob Sigmar Gabriel Til Schweiger insgeheim beneidet? „Anstatt uns bei einer extrem wichtigen Sache zu unterstützen, gießt ihr eure Häme aus...! Schämt euch!!!“ schreibt der Schauspieler auf seiner Facebook-Seite. „Aber ich scheiß auf euch und zieh mein Ding durch!!!!“ Wahrscheinlich würde der SPD-Vorsitzende gern mal so deftig die Luft ablassen über die lieben Genossinnen, die eine Urabstimmung über den nächsten Kanzlerkandidaten fordern, statt den Vizekanzler zu unterstützen.

Geht aber nicht. Manches, was ein millionenschwerer Leinwandstar mal eben so raushauen kann, darf der arme seriöse Politiker allenfalls denken.

Aber der Unterschied ist jetzt erstmal egal. Der Sigi und der Til haben aktuell gemeinsam einen Shistorm um die Ohren. Wer versucht, in Sachen Flüchtlingspolitik einen kühlen Kopf zu bewahren, um Verständnis für die Not der Menschen wirbt, ihnen gar noch helfen will – der hat einen schweren Stand auf deutschen Marktplätzen, im Internet und besonders in den sozialen Netzwerken.

Shitstorm wegen Flüchtlingsmädchen für Merkel

„Ist das der neue Tatort-Bösewicht?“ titelt „Spiegel Online“ seinen Bericht über die Reaktionen auf das „Gipfeltreffen“ der Größen aus Politik und Film, bei dem sie über Flüchtlingspolitik sprachen. Das Bild in „Bild“, auf dem Gabriel und Schweiger versuchen, themengerecht ernst, aber doch locker aus dem T-Shirt zu schauen, fordert in der Tat Spott heraus. Man sollte allerdings auch wissen, dass jener Jochen Blind, der auf Twitter pointensicher fragt „Ob der Herr Gabriel dem Herrn Schweiger gar die SPD-Kanzlerkandidatur angetragen hat?“ seinen Lebensunterhalt als Sprecher der CDU verdient.

Der gute Mann kann froh sein, dass seine Arbeitgeberin gerade aus der Schusslinie ist. Denn die hatte erst vor kurzem die versammelte Netzgemeinde am Hals, als ein weinendes palästinensiches Flüchtlingsmädchen ein Stück richtigen Lebens in der sterilen „Bürgerdialog“ des Bundespresseamtes brachte. Angela Merkel war von den Tränen so verwirrt, dass sie sogar ihre eigene Politik vergaß.

Die Kanzlerin wollte dem Mädchen keine falschen Hoffnungen machen. Deshalb nahm sie es tröstend in den Arm – eine menschliche, aber hilflose Geste, die im Netz im Hohn und Spott belegt wurde. Dabei hatte Merkels Regierung kurz zuvor eine Regelung verabschiedet, nach der die kleine Reem beste Chancen hat, in Deutschland zu bleiben.

Anfrage zu Rüstungsexporten bringt Gabriel in Schwierigkeiten

Nun also nicht Merkel sondern Gabriel. Sein Pech heiß nicht Reem, sondern Jan von Aken. Der Bundestagsabgeordnete der Linken hat nämlich eine kleine parlamentarische Anfrage zu Deutschlands Rüstungsexporten losgelassen. Aus der Antwort der Bundesregierung geht hervor, dass sie wieder gestiegen sind – anders als der zuständige Wirtschaftsminister Gabriel es versprochen hat. Das wird ausgerechnet veröffentlicht kurz bevor die Meldungen über den privaten Flüchtlingsgipfel der Herren Gabriel und Schweiger erscheinen.

Prompt wird dem SPD. Politiker auf seiner Facebook-Seite entgegengehalten: „Würden wir keine Waffen liefern in die Länder und auch nicht alles Subventionieren, hätten die Leute keinen Grund zum Flüchten. Das Problem wird nur falsch angepackt.“ Der Eintrag ist mehr als 1000 „gefällt mir“ wert.

Dass der Weg von der Lieferung von zwölf Spürpanzern (Typ „Fuchs) nach Kuwait“ zu den Flüchtlingen vom Balkan und aus Syrien etwas verschlungener ist... Was soll's! Hier sind Emotionen gefragt, nicht Diskussionen.

Politiker in der Regierung und Opposition beschäftigen inzwischen ein Heer von Mitarbeitern für jede Art von Öffentlichkeitsarbeit. Auch „Social-Media-Manager“ sind darunter. Ein richtig glückliches Händchen haben sie noch nicht – auf allen Seiten. Aber vielleicht kann Sigmar Gabriel doch ganz froh sein über die Sache mit Til. Sonst hätte sich der Hohn der Netzgemeinde auf ein Interview konzentriert, in dem er behauptet: „Auch Angela Merkel ist schlagbar!“