Rüstungsexporte Rüstungsexporte: Doppelt so viele deutsche Waffen nach Arabien

Hochnotpeinlich seien die Zahlen für die SPD und ihren Vorsitzenden, den Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel.
Immerhin, so schimpft Linken-Außenpolitiker Jan van Aken, habe Gabriel stets betont, dass die Friedenspartei SPD eine restriktive Rüstungspolitik betreibe und dass er als Bundesminister, der Waffenexporte genehmigen muss, diese nicht als Instrument der Wirtschaftspolitik sehe. Die Halbzeitbilanz für 2015 zeige nun das Gegenteil, so van Aken: „Die deutschen Waffenexporte sind völlig außer Kontrolle.“
Auch Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger wirft Gabriel vor, er lege mehr „Wert auf die Interessen der Rüstungslobby als auf Menschenrechte und Frieden“.
Wert der Rüstungsexporte im Juni bereits so hoch wie Gesamtwert des vergangenen Jahres
Anlass für die Kritik: Die Bundesregierung hat 2015 bis Ende Juni deutlich mehr Rüstungsexporte genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Der Wert der „Einzelgenehmigungen“ stieg dabei um rund 50 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Addiert man die „Sammelausfuhrgenehmigungen“ dazu, meistens Kooperationen mit anderen Nato-Ländern, genehmigte die Regierung den Verkauf deutscher Militärgüter für insgesamt 6,35 Milliarden Euro. Das geht aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage van Akens hervor, die dieser Zeitung vorliegt. Der Wert ist damit bereits jetzt fast so hoch wie im gesamten vergangenen Jahr, als die Bundesregierung Exporte im Gesamtwert von 6,5 Milliarden Euro erlaubte.
Verkäufe nach Arabien und Nordafrika drastisch gestiegen
Besonders drastisch stiegen die Verkäufe deutscher Firmen in die arabischen Staaten und nach Nordafrika: Der Gegenwert hat sich von 219 auf insgesamt 587 Millionen Euro mehr als verdoppelt.
Nachdem am Wochenende zuerst der Spiegel über die Zahlen berichtet hatte, hatte die Opposition der schwarz-roten Regierung umgehend vorgeworfen, „dass diese Regierung genau so hemmungslos Waffen in alle Welt liefert wie ihre Vorgänger“. Als Angela Merkel (CDU) mit der FDP regierte, war die Zahl der Rüstungsexporte sprunghaft angestiegen. Angesichts der neuen Daten für 2015 kritisierte die Grüne Brugger, damit zeige sich „das wahre und hässliche Antlitz der schwarz-roten Bundesregierung bei den Waffengeschäften“.
Bundesregierung verfolge eine restriktive Rüstungsexport-Politik
Das Bundeswirtschaftsministerium weist die Kritik zurück. Bereits in seiner Antwort an die Linke betont es, dass „die Bundesregierung eine restriktive Rüstungsexportpolitik verfolgt“. Das hören viele in der CDU ungern, steht aber so im Koalitionsvertrag. Dennoch sorgte das Thema erst im vorigen Sommer für einen deftigen Koalitionsstreit – weil Gabriel aus Unionssicht zu wenige Exporte deutscher Waffenbauer erlaubte.
Nun verteidigt sich das Ministerium gegen die Kritik aus der entgegengesetzten Richtung, mit einem ähnlichen Argument wie damals: Der Gesamtwert der Rüstungsexporte sei „kein tauglicher Gradmesser für eine bestimmte Rüstungsexportpolitik“, heißt es in dem Schreiben, da diese Gesamtsummen durch Großaufträge schwankten.
Entscheidend seien Art der Rüstungsgüter, Verwendungszweck und Empfängerland
„Entscheidend sind vielmehr Art der genehmigten Rüstungsgüter, ihr Verwendungszweck und das konkrete Empfängerland“, so das Ministerium. Dass etwa der Wert der Genehmigungen im ersten Halbjahr so anstieg, liege vor allem auf dem Export von vier Tankflugzeugen für Großbritannien – immerhin ein EU- und Nato-Partner.
Allerdings gingen die deutschen Rüstungsgüter eben auch in Krisenregionen: Bewilligt wurden unter anderem die Lieferung von zwölf Spürpanzern „Fuchs“ nach Kuwait, ein weiteres U-Boot der „Dolphin“-Klasse an Israel und Waren im Wert von 177 Millionen Euro nach Saudi Arabien – im Vorjahr waren es noch 65 Millionen Euro. Gerade dabei betont das Ministerium aber die Art der Güter: „Für Saudi-Arabien wurden keine Panzer, G36-Gewehre oder sonstige Kleinwaffen genehmigt, sondern vorwiegend Zulieferungen von Komponenten an europäische Partner, insbesondere Fahrgestelle für von Frankreich gelieferte unbewaffnete Transporter.“
