MZ im Gespräch MZ im Gespräch: Struck schließt Folter durch Bundeswehr-Angehörige aus

Berlin/MZ. - Peter Struck (SPD) ist Verteidigungsminister. Unser Korrespondent Markus Decker sprach mit ihm über Folter,die Wehrpflicht und das Klima bei Rot-Grün.
Herr Struck, ist Folter bei der Bundeswehrdenkbar?
Struck: Nein, bei Bundeswehr-Angehörigengibt es eine klare Regel. Rechtswidrige Befehlemüssen verweigert werden.
Sind die Folterungen im Irak ein Argumentfür die Beibehaltung der Wehrpflicht in Deutschland?
Struck: Unsere Wehrpflichtigen bringenein gesundes demokratisches Bewusstsein indie Armee, und sie erkennen: So behandeltman keine Menschen. Die Wehrpflicht wäre einSchutzwall gegen solche Vorkommnisse.
Die Wehrpflicht-Debatte verläuft in derSPD etwas chaotisch.
Struck: Die SPD wird im November 2005eine Entscheidung dazu treffen. Ich werdemich massiv dafür einsetzen, dass es bei derjetzigen Wehrverfassung bleibt. Und ich binmir der Unterstützung der SPD-Sicherheitspolitikergewiss.
Sind Sie auch bereit, sich einer anderenMehrheitsentscheidung zu beugen?
Struck: Ich akzeptiere immer, wasder Gesetzgeber entscheidet. Der Gesetzgebermuss nur wissen, mit welchen Konsequenzeneine Abschaffung der Wehrpflicht verbundenwäre. Die Einführung einer Berufsarmee miteiner gleich bleibenden Stärke von 250000Soldaten würde in den ersten Jahren zusätzlichdrei bis vier Milliarden Euro erfordern. Andernfallsverlieren wir an Qualität und unterliegenim Wettbewerb mit den zivilen Arbeitgebern.
Reicht das Finanzargument?
Struck: Das entscheidende Argumentist die Sorge vor einer Entfremdung zwischenGesellschaft und Bundeswehr. Ich möchte inDeutschland keine Stimmung haben nach demMotto: "Wir haben eine Berufsarmee. Die werdenim Zweifel auch dafür bezahlt, dass sie ihrLeben riskieren."
Ein anderes Thema: Wer stellt in der Bundesregierungeigentlich den Haushalt auf?
Struck: Selbstverständlich das Bundeskabinett,und im Vorfeld der Finanzminister. Ich werdemit ihm ein so genanntes Chefgespräch führen.Das ist für Ende Mai, Anfang Juni terminiert.Da der Finanzminister den Haushalt nicht soakzeptiert, wie wir ihn vorgeschlagen haben,bleibt das übliche Verfahren: Am Ende werdener und ich uns zusammen setzen und versuchen,uns zu einigen. So wie es jetzt ist, kannes nicht bleiben. Wir haben globale Minderausgabenhingenommen im Zusammenhang mit der Finanzierungder Rente. Wir tragen schon eine Menge Einsparungenmit. Wir sind internationale Verpflichtungeneingegangen, die wir erfüllen müssen.
Wer hat die Richtlinien-Kompetenz, wennSie sich nicht einigen?
Struck: Der Kanzler. Aber man mussden Chef nicht mit Dingen behelligen, dieauf der Ebene darunter geklärt werden können.
Derzeit hat man den Eindruck, das Bundeskabinettsei eine Ansammlung von Egozentrikern.
Struck: Den Eindruck habe ich nicht.Ich habe - außer der Frage, wie wird unserHaushalt aussehen - keinen Streit mit HansEichel.
Sie gelten derzeit als der zweitbeliebtesteMinister. Qualifiziert das für höhere Aufgaben?
Struck: Ich habe Freude an meinerAufgabe. Wir haben uns viel vorgenommen: diegrößte Reform in der Geschichte der Bundeswehr.Das möchte ich gern zu Ende führen – überdas Jahr 2006 hinaus.
Stehen Sie im Zweifel als Bundeskanzlerzur Verfügung, wie manche mutmaßen?
Struck: Die Frage wird sich erst rechtnicht stellen. Ich bin und bleibe der Bundesverteidigungsministerund Gerhard Schröder der Bundeskanzler.