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Flughafen Tegel Flughafen Tegel: Zurück vom Nil

Von Torsten Hilscher 30.01.2011, 21:00

Berlin/dapd. - Auf dem Berliner Flughafen Tegel herrscht amSonntagabend die gewohnte Betriebsamkeit. Mit besonderer Spannungwerden allerdings Reisende erwartet, die direkt aus Ägypten kommen,sei es von einer Dienstreise, dem Heimatbesuch oder ganz normalenFerien.

«In spätestens zwölf Stunden ist Mubarak weg»

Auch Hatem Ahmed steht an diesem Abend im Terminal C. Derhochgewachsene Ägypter mit deutscher Frau und zwei Töchtern ist ausMagdeburg angereist, um einen guten ägyptischen Freund abzuholen.Seit neun Jahren lebt er in Deutschland. Doch jetzt geht ihm vorallem das Schicksal der Heimat durch den Kopf. Ahmed ist angespannt.Seine dunklen Augen suchen nicht nur die Ankommenden ab, sieverraten auch eine innere Unruhe. «Heute passiert es», ist er sichsicher. «Heute oder morgen - in spätestens zwölf Stunden ist Mubarakweg. Dass das 30 Jahre dauern musste ...» Er schüttelt den Kopf. Nurnoch die Armee müsse sich deutlich entscheiden, auf wessen Seite siesteht. Sei dies geschehen, bleibe Staatschef Husni Mubarak nichtsanderes als der Rücktritt.

Plötzlich war das Internet blockiert

Vor allem viele Urlauber sind von der «Revolution des Zorns»überrascht worden. Unter ihnen Britta und Miriam. Die BerlinerFreundinnen hatten eine Woche «zum Sonnen» in der Nähe des BadeortesHurghada gebucht und werden jetzt sehnsüchtig von Brittas Mutter inTerminal C erwartet. «Eine Weile war das Internet tot», berichtetdiese noch immer aufgeregt. Daheim hat sie für ihre Tochter, diegerade Ärztin geworden ist, alle greifbaren Zeitungsausschnitte zuden Unruhen in Ägypten ausgelegt.

Die 27 Jahre alte Britta hingegen hat von der brenzligen Lagedirekt gar nichts mitbekommen. Erst zahlreiche Kurznachrichten aufsMobiltelefon hätten sie und ihre Begleitung darauf aufmerksamgemacht. Die 28 Jahre alte Erziehungswissenschaftlerin Miriam sagt:«Wir haben sogleich BBC eingeschaltet und im Fernsehen allesverfolgt.» Sie fügt hinzu: «Die gleichaltrigen Einheimischen, mitdenen wir dann darüber sprachen, waren alle unheimlich optimistischund euphorisch.»

Am Freitag seien dann allerdings plötzlich alle im Hotelverfügbaren Internetleitungen blockiert gewesen. Britta erinnertsich: «An der Rezeption hieß es, das ist in ganz Ägypten so. Erstauf Nachfrage bekamen wir bestätigt, dass das mit den Aufständischenzu tun hat.» Ansonsten seien die Einheimischen jedoch alle sehroffen gewesen, ergänzt Miriam. Medienberichte, wonach die Armee amSonntag in Badeorte einrückte, können die jungen Frauen nichtbestätigen und verweisen auf ihren frühen Start in Hurghada.

Ein Freund mit neuen Nachrichten

Hatem Ahmed schaut auf ein paar Landsleute, die ebenfalls imTerminal auf Freunde oder Familienmitglieder warten. Auch ihreGesichter sind angespannt. «Die Leute wollen Demokratie», sagt ermit Bestimmtheit. Er steht ständig mit Ägypten per Telefon oder SMSin Kontakt. «Da ist nichts mehr zurück zu drehen. Allein heute warenin Kairo auf dem zentralen Tahrir-Platz 200.000 Menschen», sagt erund wiederholt die Zahl. Dann breitet er weit die Arme aus. SeinFreund kommt. Mit neuen Nachrichten.