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Fall Litwinenko Fall Litwinenko: Vier Menschen kamen mit Polonium in Berührung

11.12.2006, 12:14
Polizisten stehen am Montag (11.12.2006) in Hamburg im Stadteil Altona (Ottensen) vor der Wohnung eines russischen Geschäftsmannes. Nach dem Fund von Spuren des radioaktiven Stoffes Polonium 210 in Norddeutschland ist am Montag (11.12.2006) ein Beamter des Scotland Yard in Hamburg eingetroffen. (Foto: dpa)
Polizisten stehen am Montag (11.12.2006) in Hamburg im Stadteil Altona (Ottensen) vor der Wohnung eines russischen Geschäftsmannes. Nach dem Fund von Spuren des radioaktiven Stoffes Polonium 210 in Norddeutschland ist am Montag (11.12.2006) ein Beamter des Scotland Yard in Hamburg eingetroffen. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Bei KowtunsEx-Frau und ihren ein und drei Jahre alten Kindern sowie ihremLebensgefährten seien Anzeichen für eine Kontamination mit Polonium210 festgestellt worden, sagte der Leiter der Sonderkommission«Dritter Mann» Thomas Menzel am Montag in Hamburg.

Ob sie das Strahlengift tatsächlich in den Körper aufgenommenhaben, werde noch untersucht. Alle Vier wurden zur genauerenUntersuchung in das Strahlenschutzzentrum im Krankenhaus St. Georg inHamburg gebracht. Ergebnisse der Tests werden noch in dieser Wocheerwartet.

Der russische Geschäftsmann Kowtun ist auf noch ungeklärte Art inden Giftmord an dem russischen Ex-Agenten Alexander Litwinenko inLondon verstrickt. Kowtun hatte in Hamburg in der Wohnung seiner Ex-Frau übernachtet, bevor er am 1. November zu dem Treffen mitLitwinenko nach London flog.

«Bei Kowtun gehen wir davon aus, dass er das Polonium (bei seinerAnkunft in Hamburg am 28. Oktober mit einem Flug von Moskau) imKörper hatte», sagte Elmar Lillpopp von der zentralenUnterstützungsgruppe des Bundes bei den Ermittlungen, zu der auch dasBundeskriminalamt sowie Strahlenschutzexperten gehören. Die Substanzist außerhalb des Körpers relativ ungefährlich, aber hochgiftig, wennsie über die Atmung, Nahrung oder eine Wunde aufgenommen wird.

Britische und russische Ermittler befragten am Montag in Moskaudrei Stunden lang den Schlüsselzeugen in der Affäre, Andrej Lugowoi.Der Ex-Geheimdienstler sagte danach der Agentur Interfax, er sei alsZeuge befragt worden. Lugowoi hatte am 1. November das Treffen inLondon organisiert, bei dem Litwinenko mutmaßlich mit demradioaktiven Polonium 210 vergiftet wurde. Drei Wochen später war ertot. Lugowoi und Kowtun, der dritte Mann bei dem Treffen, seienselber verstrahlt und würden in einer Moskauer Klinik untersucht,berichtete Interfax.

Die Sonderkommission wartete unterdessen auf Kontakte zu denrussischen Behörden. Diese hatten sich bisher nicht zu Fragen nachdem Aufenthaltsort und dem Gesundheitszustand Kowtuns geäußert. «Wirhaben bis heute keine Antwort erhalten», sagte Menzel. Die Ermittlersowie Polizeipräsident Werner Jantosch lehnten jegliche Spekulationenüber die Gründe dafür ab. Die Bundesregierung hat in dem Fall «keineeigenen Erkenntnisse». Die zuständigen Ermittlungsbehörden gingenbestehenden Verdachtsmomenten «mit großem Nachdruck» und akribischnach, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg inBerlin. Die Bundesregierung habe zudem «großes Vertrauen» in dieAufklärungsarbeit der britischen Ermittler und in dieKooperationsbereitschaft der russischen Behörden, betonte er.

Die Hamburger Sonderkommission «Dritter Mann» erhielt unterdessenUnterstützung aus London. Am Vormittag traf ein Beamter von ScotlandYard in Hamburg ein. Die Polizei setzte die Untersuchung mehrererWohnungen in Hamburg und in einem Anwesen nördlich der Stadt fort, indenen sich Kowtun vor dem Treffen mit Litwinenko aufgehalten hatte.Unter anderem hatte er in der Wohnung seiner Ex-Frau in einemWohnhaus in Hamburg-Ottensen übernachtet, wo die Polizei radioaktiveSpuren auf einem Sofa entdeckte. Bei der Feinuntersuchung auf demAnwesen der Ex-Schwiegermutter Kowtuns in Haselau im Kreis Pinnebergwurden weitere Polonium-Messungen definitiv bestätigt. Das Poloniumwurde in dem Gebäude sowie in zwei Autos nachgewiesen.

Die Familie Litwinenkos will mit Moskauer Ermittlern, die Endedieser Woche nach London reisen wollen, nur gegen ausdrücklicheGarantien für ihre persönliche Sicherheit kooperieren. SolcheGarantieerklärungen müssten von britischen Behörden abgegeben werden,sagte der Vertraute der Litwinenko-Familie, Alex Goldfarb, dem SenderBBC. Litwinenkos Witwe Marina (44) hatte zuvor jedwede Kooperationmit russischen Ermittlern strikt abgelehnt. Kurz vor seinem Tod am23. November hatte Litwinenko die Moskauer Regierung beschuldigt, denGiftanschlag auf ihn befohlen zu haben.