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DDR-Geheimprojekt DDR-Geheimprojekt: Milliardengrab im Mantel des Schweigens

20.04.2012, 14:59

Halle (Saale)/MZ/STK. - Es war eines jener Großvorhaben, mit denen der Mitte der 80er Jahre ökonomisch ins Hintertreffen gerate Sozialismus versuchte, Boden auf die enteilenden Länder der kapitalistischen Welt gut zu machen. Es ging um Eisen und es ging um Stahl, es ging um Konkurrenzfähigkeit und neue technische Verfahren, als Bautrupps aus der Sowjetunion, Rumänien, der DDR und Bulgarien 1985 begannen, das gigantische Bergbau- und Aufbereitungskombinat Kriwoi Rog (BAK) in der Ukraine zu errichten.

Noch einmal wollten die sozialistischen Länder beweisen, dass sie fortschrittsfähig waren, noch einmal sollte Zusammenarbeit zeigen, dass der Weg des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe zukunftsträchtig war. Nur nach außen hin sollten alle Beteiligten den Mund halten, denn Stahl, das war auch Landesverteidigung, wie es in Rolf Junghanns großem BAK-Buch "Das eiserne Problem des Sozialismus" (Schibri-Verlag, 29,80 Euro) heißt.

Auch Halles berühmter Drehorgelspieler Rolf Becker eilte damals an das geheime Gegenstück zur berühmten Erdgastrasse, wo er sofort daran ging, Lenin-Zitate zu verballhornen. So lustig war es nicht immer, wie die ausführlichen Berichte von Zeitzeugen zeigen, deren persönliche Erinnerungen an die Zeit in der Ukraine die meisten der mehr als 500 Seiten füllen. Viele von ihnen kamen aus dem Mansfeld, alle waren sie in ihren Heimatkombinaten gewohnt, zu improvisieren und mit dem zurecht zu kommen, was zu haben war. Dennoch scheint die BAK-Baustelle für viele ein Kulturschock gewesen zu sein: Alles ist noch bürokratischer, alles wird viel größer gebaut, als es gebraucht werden wird, und was einfach aussieht, wird durch die Bodenbedingungen viel komplizierter als gedacht.

Jahrelang haben Männer wie Heinz Hildebrandt aus dem VEB Schachtbau Nordhausen oder Ulrich Schneider vom VEB Förderanlagen Magdeburg an dem riesigen Unternehmen mitgearbeitet, dessen Ziel es war, eine Großanlage zu errichten, in der rund 33 Millionen Tonnen Eisenerz jährlich mit Hilfe einer neuen Technologie zu Eisen verarbeitet werden sollten.

Das Problem war nur, dass es die Technologie zu Baubeginn noch gar nicht gab. Dennoch investierte allein die DDR - nach späteren Berechnungen - rund eine Milliarde Euro in das Vorhaben, das allerdings auch nach dem Ende der DDR noch weit weg von seiner Vollendung war. Vor 20 Jahren zog die Bundesrepublik ihre Ingenieure und Arbeiter vom BAK ab, nur die Rumänen bauten noch einige Zeit weiter. Fertig geworden ist das Riesenkombinat bis heute nicht - die Hoffnung aufgegeben aber haben die Beschäftigten des Werkes, das auch ein Vierteljahrhundert nach Baustart noch nicht produziert, eben so wenig. Eine Privatisierung könnte kommen, die Stahlpreise sind hoch. Und die Technologie des BAK ist, was sie schon damals war: zukunftsträchtig.