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Chaos in der NRW-AfD Chaos in der NRW-AfD: Neun Vorstandsmitglieder treten zurück - Parteitag abgebrochen

07.07.2019, 11:45
Helmut Seifen
Helmut Seifen dpa

Warburg - Der Machtkampf in der nordrhein-westfälischen AfD hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Nach einem erbitterten Richtungsstreit trat der als gemäßigt geltende Co-Vorsitzende Helmut Seifen am Samstag gemeinsam mit einem Großteil des zwölfköpfigen Landesvorstandes zurück. Der gleichberechtigte Parteichef Thomas Röckemann und zwei weitere Vorstandsmitglieder bleiben vorerst im Amt. Mehrere Anträge auf ihre Abwahl erreichten bei dem vorgezogenen Parteitag der Rechtspopulisten in Warburg nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit der rnd 500 Delegierten. Röckemann gilt als Sympathisant des „Flügels“ um den Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke.

Der eigentlich auf zwei Tage angesetzte Parteitag wurde nach dem Zerfall des Vorstandes nach nur einem Tag abgebrochen. Der mit rund 5300 Mitgliedern größte AfD-Landesverband hat jetzt nur noch eine dreiköpfige Rumpfführung. Der nächste reguläre Parteitag steht Ende des Jahres an. Dann muss der gesamte Vorstand neu gewählt werden. Der von Kreisverbänden und Teilen des Vorstands schon in Warburg geforderte komplette Neuanfang scheiterte damit zunächst.

Seifen spricht von „Unterwanderung“

Sogar ein potenzieller neuer Parteichef stand in Warburg schon bereit. Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen, sagte am Rande des Parteitags, er wolle antreten - aber nur als „Einzelspitze“ und nur, wenn der gesamte Landesvorstand zurücktrete.

Seifen warf in einer hitzigen und lautstarken Debatte den Anhängern des rechtsnationalen „Flügels“ vor, die Partei in NRW und bundesweit zu unterwandern und zu spalten. In entscheidenden politischen Fragen handelten Höckes „willfährige Werkzeuge“ nicht im Interesse des Landesverbandes, sagte er. „Ihre Loyalität gilt in erster Linie dem „Flügel“.“ Damit spielte er vor allem auf seinen Co-Vorsitzenden Röckemann an. Die AfD dürfe nicht zulassen, dass der stärkste Landesverband zu einem „Satellitenverband“ verkomme, sagte Seifen.

Röckemann lehnt Rücktritt ab

Mit Röckemann sei eine pragmatische Arbeit nicht möglich. Er habe Maßnahmen gegen Mitglieder wegen parteischädigenden Verhaltens verzögert und keines der elf Parteiordnungsverfahren mitgetragen. Wegen der „Machenschaften“ der „Flügel“-Anhänger, die die AfD NRW bis in die Kreisverbände unterwanderten, sei „der Bestand der Partei in großer Gefahr“, sagte Seifen. Die tiefe Kluft zwischen den beiden Lagern werde wohl keine personellen Konsequenzen in der Landtagsfraktion haben, verlautete aus Parteikreisen. Seifen und Röckemann sind beide auch Landtagsabgeordnete.

Röckemann lehnte einen Rücktritt vom Vorsitz ab: „Ich für meinen Teil habe die Eier, das, was ich angefangen habe, auch durchzuziehen“, sagte er. Kritische Abgeordnete, die von ihren Posten zurückträten, bezeichnete er als „Fahnenflüchtige“. Er wolle die frei gewordenen Plätze im Vorstand „mit guten Leuten besetzen“, sagte Röckemann.

Nach stundenlanger Debatte steuerte der Parteitag auf den Show-down zu, als nacheinander neun Vorstandsmitglieder unter Applaus und Buh-Rufen ihre Rücktritte erklärten. Seifen wurde dabei von Delegierten fast niedergeschrien. „Ich weiß gar nicht, warum Sie immer sofort losbrüllen“, rief er. „Was ist das für ein Benehmen.“

Röckemann macht Grüne als Hauptgegner aus

Als politischen Hauptgegner machte der nun alleinige Chef Röckemann die Grünen aus. In Deutschland drohe ein „grünes Morgengrauen“, sagte er. „Wir sind die Endgegner, dem sich die Ökosozialisten werden stellen müssen.“ Der NRW-Grünen-Vorsitzende Felix Banaszak, der an einer Gegenveranstaltung in Warburg teilnahm, sagte dazu auf dpa-Anfrage: „Herr Röckemann sollte sich und seine Partei nicht wichtiger machen, als sie ist.“ Röckemann habe aber richtig erkannt, „dass wir Grüne die entschiedensten Gegner der menschenverachtenden, rassistischen und spaltenden Politik der AfD sind“.

Seifen betonte, dass die zwei Lager in der AfD eigentlich gleiche Ziele hätten. „Wir befinden uns unter Gleichgesinnten, die die Politik der Altparteien nicht mehr mittragen wollen, die unser Land von Grund auf zerstört“, sagte er. Dafür brauche die Partei aber Leute, „die die im Land ausufernden Missstände benennen“, ohne dabei andere AfD-Mitglieder herabzuwürdigen. (dpa)