CDU-Konferenz in Magdeburg CDU-Konferenz in Magdeburg: Kämpferische Merkel mahnt zu Einigkeit

Magdeburg/MZ. - Bis zum Dresdner Parteitag im Dezember wollenMerkel und ihr Generalsekretär Laurenz Meyermit den lokalen Funktionären auf zehn Regionalkonferenzenüber den neuen Programm-Entwurf diskutiereren,in dem Merkels Konzept von der "neuen SozialenMarktwirtschaft" steckt. Die Konferenzen sindTeil von Merkels Offenheits-Strategie, mitder sie den parteiinternen Mehltau der ÄraKohl überwinden und mehr über Inhalte diskutierenwill. Mit Böhmers Offenheit hatte Merkel aberwohl nicht gerechnet.
Angesichts der aktuellen Führungskrise inder Bundes-CDU sind für das Parteivolk Inhaltederzeit in den Hintergrund gerückt. Aber nichtnur deshalb. Die Botschaft des Programm-Entwurfbietet kaum Konfliktfläche und ist wenig neu:So sollen demnach die Leistungsträger in derGesellschaft bessere Entfaltungsmöglichkeitenbekommen, andererseits müsse der Schutz derSchwachen weiterhin gewährleistet sein.
Die Diskussion kommt nicht richtig in Gang.Ein Arzt fragt, ob die Gesundheitsleistungenlaut Entwurf überhaupt finanzierbar seien.Ein Obstbauer aus der Altmark bittet, dieLandwirtschaft nicht zu vergessen. Viel mehrInhalt war nicht. Partei-Demokratie hat auchetwas mit Symbolik zu tun, und das wissenMerkel und Meyer.
Das Zauberwort an diesem Abend ist Geschlossenheit.Eine kämpferische Merkel gibt der Parteibasiszu verstehen: "Diskutieren ist gut, aber abeinem bestimmten Punkt muss Schluss damitsein". Das Wort Kanzlerkandidatur fällt nicht,aber jeder im Saal hat verstanden, was Merkelmeint: Derartige Debatten gehören nicht indie Öffentlichkeit. Ihre stärksten Momentehat Merkel indes, wenn sie - angereichertmit wohl überlegten Argumenten - über dieinhaltliche Neuausrichtung redet. Mit Familienpolitikwill sie die Bundestagswahlen 2002 gewinnen."Eine Frau mit drei Kindern muss die freieWahl haben zu entscheiden, ob sie berufstätigsein oder zu Hause bleiben will." Zugleichfordert sie Härte gegenüber Schwarzarbeiternund gegenüber gesunden Sozialhilfe-Empfängern,die Arbeit ablehnen. Durch die geschickteVerquickung von "harter" und "weicher" Politikerntet sie viel Beifall.
Aber ihre Stärke, die im Argumentieren liegt,ist zugleich ihre schwache Flanke. Gemütsfragensind nicht ihre Sache; die Parteiseele kannsie nicht streicheln. Dazu fehlt ihr ein wichtigesInstrument: Sie kennt nur wenige Funktionärein der Partei. Immer wieder muss sie sichbei Wortmeldungen aus dem Publikum zu WolfgangBöhmer auf dem Podium herüberbeugen, um nachdem Namen zu fragen. Ihr Vor-Vorgänger HelmutKohl kannte sehr viele Namen in der Partei,und auch darauf hatte sich seine Macht gestützt.So bleibt zwischen Merkel und dem Parteivolkimmer Distanz.
Für die Parteiseele und markige Töne ist GeneralsekretärLaurenz Meyer an diesem Abend zuständig. Zuwanderungsbegrenzungund Patriotismus sind seine Themen: "Man wirddoch noch die Nationalymne singen dürfen."Jubel brandet auf, er mit harten Breitseitendie Landesregierung kritisiert - nach derartigerKampfeslust sehnt sich das nicht vom Erfolgverwöhnte Parteivolk in Sachsen-Anhalt.