Bundeskanzlerin soll Stellung beziehen Bundeskanzlerin soll Stellung beziehen: Flüchtlingsheime brennen und #merkelschweigt
Köln - In Baden-Württemberg ist in der Nacht zu Montag eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Flammen aufgegangen. Ein fremdenfeindliches Motiv liegt nahe. Im sächsischen Heidenau sind bei Krawallen von Rechtsextremisten und Rassisten seit Freitag über 30 Polizisten verletzt worden. In anderen Orten vor allem Sachsens können oder wollen sich Bürgermeister nicht gegen rechten Protest durchsetzen.
Die Lage erscheint dramatisch, viele wollen den Rechten und Rassisten etwas entgegensetzen. Das Thema hat längst die Politik verlassen und ist in einer breiten gesellschaftlichen Debatte angekommen, wie das Engagement von Prominenten wie Til Schweiger und Joachim Löw zeigt. Auch weniger Prominente wie der Journalist Enno Lenze ergreifen auf Facebook das Wort, um fremdenfeindlichen Parolen etwas entgegen zu setzen.
Rufe nach Bundeskanzlerin
Die Politik, so der Eindruck vieler, reagiert zu langsam oder überhaupt nicht auf die Ausschreitungen. Innenminister Thomas de Maizière sagte, die Krawalle seien „für unser Land unwürdig und unanständig“ und inakzeptabel. Andere Politiker äußern sich ähnlich. Es fehlen aber Taten, kritisieren immer mehr Menschen. Zeichen für eine echte Willkommenskultur den Hilfesuchenden gegenüber, nicht nur dröge Worte und der Verweis auf Zahlen und Fakten.
Insbesondere Angela Merkel steht im Fokus der Kritik. Erst zum Wochenbeginn äußerte sich die Bundeskanzlerin zu der Gewalt in Heidenau. Bis zu diesem Statement, das Merkel über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert verbreiten ließ, stammten die letzten Worte zum Thema aus dem ZDF-Sommerinterview. Dort sagte sie, Gewalt gegen Flüchtlinge sei „unseres Landes nicht würdig“. Til Schweiger platzte nach diesen schwachen Worten der Kragen.
Während viele auf klarere Worte oder gar eine Geste der Menschlichkeit von Seiten der Bundeskanzlerin warten, ergriff Vizekanzler Sigmar Gabriel die Initiative ergriffen. Der SPD-Politiker reiste nach Heidenau und verschaffte sich ein Bild von der Lage dort.
Im Internet hat sich seit Tagen der Hashtag #merkelschweigt etabliert. Auch die öffentlich-rechtlichen Medien machen Angela Merkels Nicht-Präsenz inzwischen zum Thema:
Die Kritik an der Bundeskanzlerin hat nun sogar den Boulevard erreicht. Die Münchener „Abendzeitung“ druckt unter der Überschrift „Und das sagt die Bundeskanzlerin“ einen komplett leeren Artikel (s.o.). Manchmal sagt Leere eben mehr als tausend Worte.
Thierse fordert Merkel-Besuch
Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) fordert Merkel direkt auf, die Flüchtlingsunterkunft in Heidenau zu besuchen. Der Gabriel-Besuch sei gut, es wäre aber „noch besser, wenn auch die Regierungschefin sich äußern würde und wenn sie auch hinreisen würde“.