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Ausschreitungen beim EU-Gipfel Ausschreitungen beim EU-Gipfel: Randale aus der Provinz

Von Frank Schauka 06.07.2001, 17:11

Potsdam/Göteborg/MZ. - Der Staatsschutzist beunruhigt: "Wohin das führt, weiß niemand",sagt ein hochrangiger Experte der brandenburgischenBehörde. Die Rede ist von einer "neuen Radikalisierung"der linksextremen Antifa-Szene in Brandenburg,gar von "ersten Ansätzen einer ökologischmotivierten Militanz", die sich "auch gegenPersonen" richte. Vor den Krawallen beim EU-Gipfelin Göteborg, gesteht der Fachmann, habe manvon dieser Entwicklung "nichts mitbekommen".

Was die Sicherheitsbehörde so aufschreckt,ist eine Nachricht aus Schweden: Unter densieben in Göteborg inhaftierten Deutschenbefinden sich vier junge Männer aus Antifa-Kreisenin Brandenburg. Der 20-jährige Hannes H.,der erst kürzlich aus der märkischen KleinstadtKönigs Wusterhausen nach Berlin umgezogenwar, ist zudem Mitglied der Gefangenenhilfsorganisation"Rote Hilfe". Die schwedische Justiz wirftH. "Rädelsführerschaft" bei den Ausschreitungenvor. Die "Rote Hilfe" unterhält laut Verfassungsschutzenge Kontakte zur gewaltbereiten linksextremenSzene.

Vor diesem Hintergrund hat sich im Land Brandenburgeine spannungsgeladene Debatte über die Verbindunggewaltbereiter linker Gruppen zur PDS entwickelt.Zwar distanzieren sich PDS-Spitzenvertreterdeutlich von jeder Form der Gewalt. Aber nachInformationen der "Märkischen AllgemeinenZeitung" aus Potsdam sind Göteborger Gewaltaktionenin der PDS-Kreisgeschäftsstelle Königs Wusterhausenbesprochen worden.

Der aus Königs Wusterhausen stammende stellvertretendeLandesvorsitzende der PDS in Brandenburg,Stefan Ludwig, hatte daraufhin sofortige Konsequenzenangekündigt: Gewaltbereiten Jugendlichen werdekünftig der Zutritt zu allen Räumen der Parteiverwehrt. Er habe vorher nicht geahnt, dassPDS-Räume zur Planung von Gewaltaktionen benutztwürden, versicherte Ludwig.

Der PDS-Landesvorsitzende Ralf Christofferswies zudem alle Bestrebungen, die brandenburgischePDS in die Nähe von Gewalttätern zu rücken,als politisches Manöver zurück. Das sei "derdurchsichtige Versuch, vor dem Hintergrundder Berliner Wahl aus dem Vorgang politischesKapital zu schlagen". Die PDS betont zudem,dass unter den in Göteborg Inhaftierten keineParteimitglieder seien. Anders als in Berlinwird es in Brandenburg wohl nicht zu einerBeobachtung der PDS durch den Verfassungsschutzkommen. Diese Forderung des innenpolitischenSprechers der CDU-Fraktion im Potsdamer Landtag,Sven Petke, haben Innenminister Jörg Schönbohm(CDU) und der Vorsitzende der SPD-Fraktion,Gunter Fritsch, zurückgewiesen.

Die "Königs Wusterhausener Antifa Offensive"sowie die Potsdamer Ortsgruppe der "RotenHilfe" sprechen inzwischen von Spekulationenund Verleumdungen. Sie stellen die Festnahmeder jungen Deutschen beim EU-Gipfel als Willkürakteiner überforderten Polizei dar.

Die schwedische Justiz will die Inhaftiertenwegen Landfriedensbruch und Zusammenrottunganklagen. Den Beschuldigten, die in Einzelhaftsitzen, drohen Höchststrafen von zehn JahrenHaft.