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"Alternative für Deutschland" "Alternative für Deutschland": Neue Partei will Rückkehr zur D-Mark

Von Stephan Kaufmann 12.04.2013, 13:23
Ein-Euro-Münze (r.) und eine Deutsche Mark (D-Mark).
Ein-Euro-Münze (r.) und eine Deutsche Mark (D-Mark). dpa/archiv Lizenz

Die Warnung war deutlich: „Entweder Deutschland akzeptiert  Eurobonds oder es muss den Euro ablegen“, sagte die Investorenlegende George Soros vergangene Woche.  Dass ausgerechnet Soros Deutschland den Euro-Austritt nahelegt, ist pikant. Denn als Spekulant hatte er Anfang der neunziger Jahre Milliarden an der Krise des  Europäischen Währungssystems verdient. Eine ähnliche Krise wäre sicher, sollte Deutschland heute aus dem Euro ausstiegen.

Wovor sich viele fürchten, das wünschen andere herbei: die Rückkehr der D-Mark. „Europa braucht den Euro nicht“, sagt Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin. Und die NPD „fordert die Wiedereinführung der D-Mark zu einem sozial gerechten Wechselkurs“.

An diesem Sonntag wird dieser Wunsch zur eigenen Institution: Mit dem Gründungsparteitag der „Alternative für Deutschland“ können Bundesbürger den Euro-Austritt künftig wählen. „Die Einführung des Euro hat sich als eine fatale Fehlentscheidung erwiesen, die unser aller Wohlstand bedroht“, schreibt die „Alternative“.

Der Euro ist härter

Kritik am Euro hat Tradition: Als er nach seinem Start gegenüber dem Dollar steil fiel, schimpfte man über den „Butter-Euro“. Als er dann wieder stieg, fürchtete man um die deutschen Exporte. Zwar war die D-Mark heftigeren Schwankungen ausgesetzt gewesen: Doch gab man dafür weniger der D-Mark die Schuld, sondern dem Dollar.

Auch vor galoppierender Geldentwertung durch den „Teuro“ wurde gewarnt – zu Unrecht: Seit Euro-Einführung liegt die Inflationsrate in Deutschland bei durchschnittlich 1,5 Prozent pro Jahr. Zu D-Mark-Zeiten waren es  2,9 Prozent pro Jahr. Der Euro ist härter.

Hat der Euro der deutschen Konjunktur  genutzt? „Das lässt sich nie sicher beantworten“, sagt Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg Bank. „Denn man weiß ja nie, was geschehen wäre, hätte man den Euro nicht eingeführt.“

Sicher ist: Die Euro-Einführung schaffte Wechselkursrisiken  ab und machte grenzüberschreitende Investitionen innerhalb der Euro-Zone für Unternehmen sicherer.   Die Investoren vertrauten der neuen mächtigen Währung, Geld strömte nach Europa, Kredit wurde billig, was einen Boom entfachte, von dem auch Deutschland profitierte. Deutsche Unternehmen verkauften nach Euro-Land, investierten dort, gaben Kredite. Allein zwischen 2000 und 2009 erzielte Deutschland im Geschäft mit den südeuropäischen Staaten und Frankreich einen Leistungsbilanzüberschuss von 600 Milliarden Euro.

Alternativlos ist der Euro nicht

Laut einer Studie des Ex-Bundesbanker Hans-Helmut Kotz für die Unternehmensberatung McKinsey aus dem Jahr 2011 hat der Euro den Mitgliedsstaaten allein 2010 einen Vorteil von 330 Milliarden Euro beschert, die Hälfte davon habe Deutschland kassiert.

Doch seit drei Jahren ist Euro-Krise, und die Milliarden, die die Bundesrepublik zum Erhalt der Euro-Zone aufwenden muss, nähren Kritik am gesamten Konstrukt. „Wir fordern eine geordnete Auflösung des Euro-Währungsgebietes“, so die „Alternative“.

Alternativlos ist der Euro nicht. Damit stellt sich die Frage nach dem Preis: Was würde ein Austritt Deutschland kosten? Genau weiß das niemand. Eines aber scheint klar: Der Preis wäre gigantisch.

Eine Blaupause  bietet die Krise des Europäischen Währungssystems (EWS), das stabile Wechselkurse innerhalb Europas garantieren sollte und 1993 unter dem Druck spekulativer Angriffe ins Wanken geriet. Die D-Mark wertete massiv auf, spanische Peseta, italienische Lira, britisches Pfund und Frankreichs Franc werteten ab.

Ähnlich wäre es wohl heute, wenn Deutschland sich aus Euro-Land verabschiedete. Die   neue D-Mark würde gegenüber den anderen Währungen  massiv aufwerten. Im Gegenzug entwerten sich die  Forderungen der Deutschen ans Ausland. Die französische Bank Natixis kalkuliert in diesem Fall einen einmaligen Verlust in Höhe von zehn bis 20 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung – je nach Stärke der DM-Aufwertung.

Zweite Folge der Aufwertung: Deutsche Waren werden auf dem Weltmarkt massiv teurer, was die Exporte drückt – 40 Prozent der deutschen Ausfuhren gehen in die Euro-Zone, von diesen Ausfuhren hängen laut einer Studie  des Forschungsinstituts Prognos drei Millionen Jobs in Deutschland ab.

Der Anstieg der D-Mark könnte so stark sein, „dass Unternehmen Arbeitsplätze massiv ins Ausland verlagern müssten“, so Schmieding. Gleichzeitig käme es zu Wirtschaftseinbrüchen in den anderen Euro-Staaten. Folge wäre „eine tiefe und langanhaltende Rezession, die nicht nur auf Europa beschränkt bliebe“, prognostiziert Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz.

Im ersten Jahr könnten die deutschen Exporte um 15 Prozent sinken, kalkulieren die Ökonomen der Bank M.M. Warburg. Bei einer Aufwertung von 25 Prozent rechnet die Bank Natixis, dass der Rückgang der Exporte Deutschland knapp vier Prozent seiner Wirtschaftsleistung kosten könnte – jedes Jahr.

Bundesverband warnt vor "Kostenlawine"

Zu den Kosten addieren müsste man den entgangenen Nutzen des Euro. Ein Auseinanderbrechen der Währungsunion würde Wechselkursschwankungen, Planungsunsicherheit und Bürokratie bedeuten, warnte der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft.  M.M. Warburg sieht „eine Kostenlawine, die mit anderen Szenarien kaum vergleichbar wäre“.

Und schließlich würde eine Aufsplitterung der Euro-Zone voraussichtlich auch das politische Gewicht der einzelnen Euro-Staaten mindern. „In einer Welt alter und neuer Giganten – China, Amerika, Indien Russland, Brasilien – muss Europa selbst ein Gigant sein“, mahnte der britische Historiker Timothy Garton Ash. Demgegenüber scheinen die Kosten der Euro-Rettung beherrschbar. „Deutschland wird nie den Euro aufgeben“, folgert Natixis-Ökonom Patrick Artus.