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80. Geburtstag 80. Geburtstag: Schalck-Golodkowski hat

Von Paul Winterer 02.07.2012, 07:01

Rottach-Egern/dpa. - Es ist ruhig geworden um den einstigen Milliardenbeschaffer der DDR. „Alexander Schalck-Golodkowski gibt keine Interviews mehr, er beteiligt sich nicht am politischen Diskurs“, sagt einer seiner engsten Vertrauten. Der zurückgezogen mit seiner zweiten Ehefrau Sigrid im idyllischen Rottach-Egern am Tegernsee lebende frühere Staatssekretär im DDR-Ministerium für Außenhandel wird an diesem Dienstag (3. Juli) 80 Jahre alt. Gefeiert wird daheim im engsten Familien- und Freundeskreis. Auch in Berlin soll es eine private Fete geben.

Zu DDR-Zeiten war der am 3. Juli 1932 in Berlin geborene Schalck-Golodkowski Chef der mächtigen „Kommerziellen Koordinierung“ (KoKo). Den „dicken Alex“ nannten ihn seine Mitarbeiter respektvoll. Der gelernte Feinmechaniker und Ökonom beschaffte für das Regime von Staatschef Erich Honecker mehr als 20 Jahre lang Milliardensummen an Devisen und versorgte SED-Bonzen auch schon mal mit Soft-Pornos aus dem kapitalistischen Westen. Sein größter Coup: 1983 handelte er mit dem damaligen CSU-Chef Franz Josef Strauß einen Milliardenkredit für das kommunistische Land aus - wohlweislich in D-Mark. Das Geschäft bewahrte die DDR womöglich vor dem Staatsbankrott.

In der Nacht zum 3. Dezember 1989 suchte er in West-Berlin Schutz vor dem zerfallenden Unrechtssystem der DDR. Es hatte zuvor Berichte über angeblich kriminelle Machenschaften bei der von ihm geführten KoKo gegeben. Schalck-Golodkowski befürchtete Mobbing durch seine früheren Parteifreunde und sah gar sein Leben in Gefahr. Immerhin: Die DDR-Behörden fahndeten nach ihm.

Er stellte sich der bundesdeutschen Justiz und kam für einige Wochen in Untersuchungshaft. Dem Bundesnachrichtendienst - dort hatte er den Decknamen „Schneewittchen“ - gab Schalck-Golodkowski sein umfangreiches Wissen über das Geschäftsgebaren der KoKo preis. Mitte der 1990er Jahre wurde er wegen illegaler Waffengeschäfte und Embargovergehens zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Dank seiner jahrzehntelangen guten deutsch-deutschen Kontakte und mit Hilfe alter Freunde brachte er es nach der Wende wieder rasch zu einigem Wohlstand. Im noblen Rottach-Egern am Tegernsee bewohnte er zeitweise eine luxuriös ausgestattete Doppelhaushälfte. Schon vor Jahren zog er jedoch in eine kleinere Wohnung in der Ortsmitte um. Seine wertvolle Sammlung mit Meißener Porzellan nahm er mit. In dem beliebten Ferienort grüßen ihn Einheimische und Urlauber freundlich beim Spaziergang. Seinen nach wie vor massigen Körper stützt er inzwischen auf einen Gehstock.

Bei einem Urlaub in der Schweiz erlitt Schalck-Golodkowski 2003 einen Herzstillstand und erholte sich nur langsam. Er lag zeitweise im künstlichen Koma und musste einen Luftröhrenschnitt über sich ergehen lassen. „Doch geistig ist er nach wie vor voll auf der Höhe“, sagt sein Bekannter, der ungenannt bleiben will. „Er verfolgt das politische Geschehen sehr genau, allerdings in völliger Distanz zum System der früheren DDR.“ Ohnedies ist der Vertraute des einst mächtigen Devisenbeschaffers der Überzeugung, „dass Schalck-Golodkowski die DDR geistig schon Anfang der 1980er Jahre verlassen hatte, und zwar als er Strauß kennenlernte“.

Als „fantasievoll, fintenreich und eisenhart“ beschrieb der einstige Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in der DDR, Klaus Bölling, den Devisenbeschaffer einmal. Der im persönlichen Gespräch durchaus gewitzte Politiker habe aber eine merkwürdige Tendenz zur Geheimhaltung gehabt. Zu den wenigen noch lebenden DDR-Politgrößen wie die in Chile lebende Margot Honecker hat Schalck-Golodkowski keinen Kontakt mehr, wie sein Vertrauter versichert. „Nur mit Egon Krenz telefoniert er ab und zu.“

In einem zum 80. Geburtstag erschienenen Buch „Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte“ (Verlag edition ost) arbeiten sich Frank Schumann und Heinz Wuschech an dem geheimnisumwitterten „Mr. Milliarden“ ab. Doch der Jubilar selbst äußert sich darin mit keinem Wort, er autorisierte den Text lediglich und stellte etliche private Fotos aus seinen Alben zur Verfügung.

Schalck-Golodkowskis vorerst letzte öffentliche Äußerungen liegen zwölf Jahre zurück. In einer ARD-Talkshow sagte er im Jahr 2000 - damals wurden seine Memoiren veröffentlicht - in unverfälschtem Berliner Dialekt zu seinen Geschäften: „Ick hab' nich beschafft, ick hab' erarbeitet“. Und über seinen Arbeitgeber meinte der zweimal an Prostatakrebs operierte Hüne resigniert: „Ick hab' für die DDR gekämpft, und wir haben am Ende verloren.“

Der ehemalige DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski im Berliner Landgericht, wo er sich wegen Waffenhandels verantworten mußte. (ARCHIVFOTO: DPA)
Der ehemalige DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski im Berliner Landgericht, wo er sich wegen Waffenhandels verantworten mußte. (ARCHIVFOTO: DPA)
dpa