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Pädagogik Pädagogik: Morgendliche Experimente

Von JULIA KLABUHN 26.04.2011, 17:16

MERSEBURG/MZ. - Endlich sind alle Scheinwerfer ausgerichtet, die drei Kameras laufen, die Moderatoren stehen im Studio hinter ihren zu Pulten umfunktionierten Holzkisten. "Herzlich willkommen zu unserem Video-Experiment am Dienstagmorgen", sagt Moderator Ingo Bever um 8.32 Uhr. Co-Moderatorin Nadine Heindl kündigt den ersten Beitrag der knapp zehnminütigen Sendung an: Ein Film über eine Studienreise nach Ägypten.

Bever und Heindl sind Studenten im zweiten Semester des Bachelorstudiengangs Kultur- und Medienpädagogik an der Hochschule Merseburg. Genau wie die Verantwortlichen in der Regie, die Kameraleute und Tontechniker. Beim Fernsehen sind die Studenten erst seit wenigen Wochen. Am Dienstag wurde die erste Sendung im Offenen Kanal Merseburg live übertragen. Eine Woche vorher war noch Üben angesagt im Medienkompetenzzentrum der Hochschule, wo das "Fernseh-Experiment", so der Titel der Sendung, produziert wird.

"Die Studenten sind eine der ersten Gruppen, die das Medienkompetenzzentrum nutzen", erklärt Kai Köhler-Terz, Leiter des Zentrums. Die angehenden Pädagogen sollen deshalb auch Rückmeldung geben, ob Technik und Arbeitsabläufe in den Ende des vorigen Jahres fertig gestellten Räumen reibungslos funktionieren. Soweit das Fernsehneulinge beurteilen können, denn "professionelle Medienerfahrung hat keiner von uns", sagt Franziska Albrecht. Der Umgang mit der Technik sei ein Sprung ins kalte Wasser. "Wir probieren die Einstellungen so lange aus, bis sie unseren Sehgewohnheiten und Ansprüchen genügen", sagt die Studentin. Dabei wechselt fast jeder von Woche zu Woche das Aufgabengebiet. Auch mit der Moderation ist jeder mal dran. Wer partout nicht vor die Kamera wolle, könne aber tauschen, sagt Albrecht, die diese Aufgabe selbst nicht so schwer findet. "Moderation ist wie Impro-Theater", sagt die angehende Medienpädagogin.

Improvisiert wird an diesem Morgen auch bei der Technik. Wenige Minuten vor der Sendung werden noch Batterien für die Mikrophone gesucht. Zu Beginn der Sendung ist eines dann wenigsten funktionstüchtig. Köhler-Terz findet, dass dies zum Lernprozess dazugehört. "In der Medienpädagogik geht nie alles glatt, mal fehlt ein Kabel, mal eine Batterie", sagt der Projektleiter. Die Studenten sollten sich schon in der Ausbildung daran gewöhnen, trotzdem zügig zum Ziel zu kommen, sagt Köhler-Terz. Schließlich geht es in diesem Seminar an der Hochschule nicht um Journalistenausbildung, sondern darum, Handwerkszeug für die pädagogische Arbeit zu erlernen.

Ebenfalls zu diesem Lernprozess gehört es, ästhetische Bewertungskriterien zu entwickeln. In diesem Falle vor allem für die Sendungsbeiträge, einminütige Filme, die die Studenten aus Videomaterial verschiedener Studienreisen zusammenstellen. Bei den Reisen, die zum Teil mehrere Jahre zurückliegen, waren die angehenden Pädagogen selbst nicht dabei. Die Studenten müssen die Reise deshalb nicht dokumentarisch nacherzählen, sondern sich ausprobieren.

"Unsere Gruppe hat sich zunächst von dem Rohmaterial inspirieren lassen", berichtet Carolin Senftleben, die gemeinsam mit Christina Mettler Material einer Studienreise nach Ägypten bearbeitet hat. "Das war zum Teil befremdlich, vor allem Tanzeinlagen der Reisegruppe an historischen Orten", sagt die Studentin. Das Ergebnis ist eine Montage aus Tanz- und Reiseimpressionen, Musik und Text.

Jede Sendung, erklärt Köhler-Terz, wird von einem Reflexionsteam bewertet. Erste Regel für diese Gruppe: Kritik so zu formulieren, dass sie nicht negativ wirkt. "Die Studenten sollen lernen, ihr Klientel gut zu behandeln und zu motivieren", sagt der Leiter des Medienkompetenzzentrums. "Es hat Spaß gemacht, euch zuzuschauen", sagt Maria Ellmer dann auch, die an diesem Tag im Reflexionsteam ist. "Es sollte aber jemanden geben, der klar sagt, dass die Sendung los geht", wird die Regie sanft getadelt. Köhler-Terz sieht hier allerdings nicht nur die Regie in der Pflicht, sondern auch eine Verbesserungsmöglichkeit bei der Ausstattung des Studios. "Wir brauchen hier eine Uhr." Schließlich sollen die Sendungen in den folgenden Wochen pünktlich um 8.30 Uhr beginnen, wegen der Übertragung im Offenen Kanal.