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MZ-Wirtschaftsforum am 16. Oktober MZ-Wirtschaftsforum am 16. Oktober: Land fehlt Klima für Unternehmen

Von Rainer Gummelt 17.10.2001, 15:21

Halle/MZ. - Der Zeitungsverlegergab zu Beginn seinen Eindruck wieder, dassdie Wirtschaft in der Öffentlichkeit unterrepräsentiertsei. Er forderte seine Gäste auf, wichtigeThemen konkreter und lauter als bisher aufzugreifen.

Professor Rüdiger Pohl, Präsident des Institutsfür Wirtschaftsforschung Halle (IWH), nahmdiese Worte auf. Er skizzierte Stärken undSchwächen des Landes. Zu Sachsen-Anhalts bemerkenswertenSeiten zählt der Wirtschaftsforscher, dassnirgendwo in Ostdeutschland pro Kopf der Beschäftigtensoviel investiert wurde. Auch in der öffentlichenForschung sei das Land stark, nannte er einenweiteren Wachstumsfaktor. Doch bei den Ergebnissen,so Pohl, spiegele sich das nicht wider. "Wirhaben das geringste Pro-Kopf-Einkommen, diegeringste Steuerkraft und seit Jahren diehöchste Arbeitslosigkeit aller Bundesländer."Pohl sieht zwei grundlegende Tendenzen, diederzeit in den neuen Ländern vorherrschen.Es entstehe zwar ein sehr leistungsfähigerUnternehmenssektor, aber, so fügte er hinzu,dieser sei viel, viel zu klein, um genügendBeschäftigung und Einkommen zu produzieren."Es gibt einfach zu wenig Betriebe in Sachsen-Anhalt",resümierte der IWH-Präsident.

Diese Unternehmenslücke hat weitreichendeFolgen. Das Beschäftigungproblem werde auchin zehn Jahren nicht mit den bestehenden Betriebenzu lösen sein. Das gelte auch für den Abstandzu Westdeutschland, für die Forschungslücke,die Abwanderung oder die schwache Steuerkraft.

Wasalso ist zu tun?", fragte Pohl rhetorisch."Wir brauchen ein positives Klima für unternehmerischesHandeln", stellte der Wissenschaftler fest,der viele Jahre zu den fünf Wirtschaftsweisenin der Bundesrepublik gehörte. "Ich habe nichtden Eindruck, dass die Landesregierung aufUnternehmen setzt", fügte er an und hat dafüreine Erklärung: In der Gedankenwelt einflussreicherPolitiker und Politikerinnen in Magdeburgkämen Unternehmen und Investitionen überhauptnicht vor. Auf der Werteskala Sachsen-Anhaltsstünden nicht Investitionen und Wachstum ganzoben, sondern sozialpolitisches Handeln.

Auch die Unternehmer kamen nicht ungeschorendavon. Ihnen warf Pohl vor, dass sie sichin der Öffentlichkeit fast nur bemerkbar machten,wenn es um Subventionen ginge. "Ich wünschemir aber eine selbstbewusste Selbstdarstellungund eine starke Interessenvertretung von Unternehmen".

Eine Probe dafür lieferte das Vorstandsmitgliedder Nordeutschen Landesbank, Gerhard Holterhus.Nach der Beobachtung des Bankers scheiternFirmen in Sachsen-Anhalt nicht an fehlendemGeld, sondern an mangelnden Fähigkeiten, Betriebezu führen. Da müsse in der Ausbildung mehrgeschehen, forderte er. Klaus Juch, GeschäftsführenderGesellschafter der Isoliertechnik GmbH Allerstedt(Burgenlandkreis) bedrückt das schlechte Imagedes Landes. "Psychologisch ist es hier eineKatastrophe," fand er starke Worte. ProfessorWolfgang Lassmann von der halleschen Universitätberichtete, dass seine Absolventen in IT-Berufenweltweit, in den USA oder in Kanada, begehrtsind, nicht aber in Sachsen-Anhalt. Er forderte,alles zu tun, um sie im Lande zu halten. "Siesind die Häuptlinge, um die sich Indianerscharen", bemühte er ein sprachliches Bild.

Verleger Neven DuMont forderte die Fachleuteauf, in den kommenden Wochen und Monaten vernehmbarerihre Stimme zu erheben und alles zu tun, "damitdas Land wächst und gedeiht."