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Lernbehindertenschule in Salzmünde Lernbehindertenschule in Salzmünde: Tochter ist kein Sonderling mehr

Von Silvia Zöller 01.10.2004, 17:36

Salzmünde/MZ. - Sonderschulen haben allen anderen Schulformen etwas voraus: Die Schüler gehen viel lieber in die "Penne" als andere Schüler. Und deshalb sind auch die Schulschwänzer geringer. Herausgefunden wurde dies in einer bundesweiten Studie des Bundesbildungsministeriums, bei der auch die Lernbehindertenschule "Salzatal" in Salzmünde im Saalkreis mitgemacht hat. Schüler aller Schulformen wurden über vier Jahre lang bis zum vergangenen Schuljahr zur "sozialen Schulqualität" befragt.

Warum der Unterricht hier so gut ankommt, bringt Kerstin Rottmann auf den Punkt. "Meine Tochter ist hier kein Sonderling, sondern eine unter vielen", berichtet die Elternvertreterin. "Hier hat sie Ehrgeiz entwickelt. Jede gute Zensur ist eine Beflügelung", so Kerstin Rottmann. Aus dem schüchternen Mädchen, das durch eine halbseitige Lähmung auch in seiner Gehirnfunktion beeinträchtigt ist, ist an der "Salzatalschule" ein selbstbewusster Teenager geworden. Mittlerweile ist sie sogar stellvertretende Schulsprecherin.

Auch Lutz Troitzsch, ebenfalls Elternvertreter an der Schule, ist froh über den Wechsel seiner Tochter an die Schule und ihre Fortschritte. "Sie hat jetzt Erfolgserlebnisse, das ist es, was eine Lernbehindertenschule ausmacht", freut er sich. Die Achtklässlerin hat eine Lese- und Rechtschreibschwäche, die erst sehr spät erkannt worden ist.

Doch einen Wermutstropfen hat der Schulbetrieb für die beiden Elternvertreter - auch trotz der gerade mit einer Unterschriftensammlung abgewendeten Zusammenlegung mit der Lernbehindertenschule in Gutenberg zu einer Mammut-Sonderschule mit über 300 Schülern. "Die Kinder leben quasi auf Inseln in ihren Dörfern, sie werden dort nicht integriert", sagt Kerstin Rottmann. Und die Schule kann keinerlei Freizeitangebote mehr machen.

Der Hortbetrieb wurde mangels Anmeldungen eingestellt - zuletzt gab es nur noch fünf Hortkinder.

Da die 135 Schüler aus dem gesamten östlichen und westlichen Saalkreis kommen und teilweise bis zu einer Stunde mit dem Schulbus fahren müssen, sind Kontakte untereinander am Nachmittag auch schwer machbar. "Mit einer Ganztagsschule auf freiwilliger Basis hätten wir ganz andere Möglichkeiten", denkt Lutz Troitzsch laut nach. Die großen Freifächen um die Schule, der Spielplatz, aber auch die Computer und Keyboards könnten in einer Ganztagsschule nachmittags im Mittelpunkt stehen.

"In Sachsen gibt es eine Lernbehindertenschule als Ganztagsschule", weiß Schulleiter Harald Möbius. "Die Kinder wären am Nachmittag nicht mehr isoliert. Und das Miteinander fördert auch die Umgangsformen, was auch hilfreich für das weitere Leben ist", stimmt Kerstin Rottmann zu. Aber: Alles sind erste Ideen, Anträge sind noch nicht gestellt. Ein weiteres Problem beschäftigt die Elternvertreter: Immer wieder gibt es Prügeleien und lautstarke Auseinandersetzungen in den Schulbussen.

Bei der Aufgabe der Busfahrer, auf den Verkehr und die zum Teil verhaltensauffälligen Kinder zu achten, ist nicht immer beides möglich. "Es ist eine große Verantwortung", so Kerstin Rottmann. Sie hat sich im Bildungsausschuss des Landkreises dafür eingesetzt, dass eine zusätzliche Begleitperson im Bus mitfährt. Bislang gibt es hierzu jedoch keine Entscheidung.