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Elektromotoren Elektromotoren: In Dessau läuft es rund

Von ECKHARD JÄCKEL 03.01.2011, 18:42

DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Es zeugt schon von Selbstbewusstsein. Auf der Internetseite der Anhaltische Elektromotorenwerk Dessau GmbH läuft eine kleine Animation: Die Weltkugel wird eingeblendet und weicht schließlich dem Firmenlogo AEM. Doch es ist keineswegs übertrieben, was da symbolisiert wird.

"Seit 2005 haben wir den Export in Richtung 50 Prozent stabilisiert", sagt Rolf Rätzer. Die Generatoren und Motoren sind weltweit auf Spezialschiffen im Einsatz, europaweit sowie in China und Chile treiben Aggregate aus Dessau Krane, Pumpen oder Ventilatoren an, Bagger und Bandanlagen in Tagebauen kommen ohne sie nicht aus. Die Generatoren erzeugen Strom in Wasserkraftanlagen in Österreich, Italien, Skandinavien, Sri Lanka oder Südamerika. "Gerade die Kleinwasserkraftanlagen sind ein stark wachsendes Geschäft", sagt Rätzer.

Der Ingenieur ist Geschäftsführer und Miteigentümer des Unternehmens, das es in dieser Form erst seit 1993 gibt. Und er ist einer von damals vier leitenden Angestellten, die die 1949 begründete Elektromotoren-Tradition in Dessau am Leben hielten. Denn 1992 hatte sich der Aufsichtsrat des Mutterunternehmens VEM für die Schließung des Werkes entschieden. Doch das Konzept der vier, die Unterstützung der Belegschaft (Rätzer: "Alle haben mitgezogen.") und eine gewisse Portion Wagemut machten einen zweiten Anlauf möglich. "Wir mussten eine Beschäftigungsgarantie für 130 Mitarbeiter geben und 20 Millionen Mark Investitionen zusichern", erinnert Rätzer, der mit Reiner Storch heute noch einen der Mitgründer als Geschäftsführer an seiner Seite weiß. Bei den Schulden, die dafür gemacht werden mussten, sei ihnen alles andere als wohl gewesen. Doch nicht ohne Stolz fügt er an: "Wir sind eines der wenigen rein ostdeutschen Management-buy-out dieser Größe, die es geschafft haben."

Geschafft, heißt dabei nicht nur das Überleben an sich. AEM ist über die Jahre stetig gewachsen, beschäftigt heute gut 200 Mitarbeiter, hat Vertriebspartner und einen exzellenten Ruf in aller Welt, wie Birgit Stodtko von der IHK-Außenhandelsorganisation Regiocom bestätigt. 20 Millionen Euro Jahresumsatz sind buchhalterischer Beleg der Erfolgsgeschichte. Allerdings musste AEM auch Blessuren in Wirtschaftskrise hinnehmen. "Wir sind auf der Welle der Globalisierung gewachsen, da trifft uns natürlich auch ein Einbruch der Weltkonjunktur", sagt Rätzer. AEM war in Teilen zu Kurzarbeit gezwungen, allerdings später als andere Firmen, weil der hohe Auftragseingang aus dem Jahr 2008 noch bis Mitte 2010 reichte.

Der Aufstieg des Unternehmens ins internationale Geschäft hängt laut Rätzer eng mit der konsequenten Spezialisierung zusammen. "Wir entwickeln und fertigen auf Kundenwunsch - selbst wenn es sich um ein Einzelstück handelt." Die Marktnische tue sich dort auf, wo die großen Serienhersteller abwinken müssen. Dabei spiele nicht nur die Entwicklungskompetenz eine Rolle, sondern ebenso hohe Flexibilität in der Produktion und durchgängige Qualitätssicherung. Letzteres habe man am besten durch eine hohe Fertigungstiefe in der Hand. Rätzer: "Bei uns ist alles made in Germany." Was auch dank konsequenter Nachwuchsarbeit möglich ist. In acht Facharbeiterberufen bildet AEM mittlerweile selbst aus. Um Ingenieurnachwuchs zu finden, wird eng mit der Fachhochschule Anhalt kooperiert.

Um den gewachsenen Ansprüchen gerecht zu werden, sind ab 2006 weitere zwölf Millionen Euro - unterstützt durch Fördermittel des Landes - investiert worden. "Profil 2013" heißt das Programm, mit dem sich das Unternehmen technologisch für die nächsten zehn bis 15 Jahren gerüstet sieht. 2007 wurde dafür ein neuer Hallenkomplex in Betrieb genommen, in dem unter anderem mittels Hochgeschwindigkeitslaser die Elektrobleche zugeschnitten werden. Auch die Logistik inklusive einer modernsten Umweltansprüchen gerecht werdenden Farbgebung sind dort unter gebracht. Ein Jahr später erhielt die mechanische Fertigung ihr neues Domizil. Die dritte Investitionsetappe, ein neues Test- und Prüffeld, wurde indessen aufgeschoben. Doch Rätzer ist zuversichtlich, dass die Auftragslage bald wieder zulässt, auch diesen Teil von "Profil 2013" umzusetzen. "Wir sind absolut zukunftsfähig", ist der 62-Jährige überzeugt.