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Conti-Aufsichtsratschef geht auf Distanz zu Vorstand

22.07.2008, 16:24

Herzogenaurach/Hannover/dpa. - Im Übernahmekampf um den Autozulieferer Continental ist Conti-Aufsichtsratschef Hubertus von Grünberg auf Distanz zu Vorstandschef Manfred Wennemer gegangen.

Kurz vor einer Krisensitzung des Aufsichtsrats an diesem Mittwoch in Hannover warnte von Grünberg vor einem «Kampf um jeden Preis». Es sei «Vernunft angesagt», sagte von Grünberg dem «manager magazin».

Die große Frage sei, für wie sicher man einen Erfolg der Schaeffler-Gruppe halte, die für Conti ein Übernahmeangebot vorgelegt hat. «Wenn die Übernahme wahrscheinlich ist, dann bevorzuge ich, dass wir keine verbrannte Erde hinterlassen.»

Mit Spannung wird erwartet, ob der Aufsichtsrat den Kurs des Vorstands unterstützt, der das Übernahmeangebot strikt ablehnt. Unterstützung bekam Wennemer von den Conti-Führungskräften. Der Conti-Gesamtbetriebsrat äußerte «große Sorge» um Arbeitsplätze und Standorte. Eine Zerschlagung des Konzerns müsse verhindert werden, sagte die Vorsitzende des Gremiums, Bärbel Bruns. In einem offenen Brief an die Schaeffler-Spitze fordert der Gesamtbetriebsrat konkrete Zusagen der fränkischen Gruppe bei einer Übernahme.

Unterdessen bemühte sich die Schaeffler-Führung am Dienstag um das Vertrauen von Conti-Aufsichtsrat und -Gesamtbetriebsrat. Für den Fall einer Übernahme plane Schaeffler keinen Stellenabbau. Conti solle auch als eigenständiger, börsennotierter Konzern mit Sitz in Hannover fortbestehen, fügte Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger in einer in Herzogenaurach veröffentlichten Stellungnahme hinzu. Er hoffe daher, dass der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am Mittwoch den Weg für konstruktive Gespräche frei mache, betonte Geißinger.

Von Grünberg sagte, für eine Zerschlagung der Continental AG stehe er nicht zur Verfügung. Schaeffler sichere aber zu, Conti nicht zerschlagen zu wollen. «Schaeffler will das sogar vertraglich garantieren.» Zudem sagte von Grünberg, er könne sich «besonders im Autoteilegeschäft Finanzierungsformen außerhalb der börsennotierten Aktiengesellschaft gut vorstellen».

Dagegen ist der Vorstand wesentlich misstrauischer. Bei einem erfolgreichen Vorstoß von Schaeffler drohe eine Zerschlagung von Conti, ein Verkauf der Reifensparte und die Gefährdung von Jobs, hieß es. «Wir werden die Unabhängigkeit dieses Unternehmens verteidigen und dafür kämpfen.» Der angebotene Preis - Schaeffler bietet 70,12 Euro pro Aktie - ist aus Sicht des Conti-Vorstands deutlich zu niedrig. Medienberichten zufolge lehnen auch große Aktionäre das Angebot ab. Branchen-Analysten halten einen Preis zwischen 80 und 100 Euro für gerechtfertigt.

Von Grünberg sagte dem «manager magazin», er und Wennemer müssten die Angemessenheit des Schaeffler-Angebots sorgfältig prüfen. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Wennemer seien dabei nicht grundlegend. Conti müsse sich so schnell wie möglich wieder auf operative Aufgaben konzentrieren. «Ein derartiges Übernahmeangebot lenkt den Vorstand zu sehr ab», sagte von Grünberg.

Den Verdacht, er sei bei dem Übernahmeversuch der «Architekt im Hintergrund» gewesen, nannte er falsch. «Ich schätze Frau Schaeffler, ich weiß, dass sie ehrgeizig ist», sagte von Grünberg. «Aber der Angriff auf Conti war nicht vorhersehbar.» Von Grünberg gehörte bei der Schaeffler-Gruppe bis vor wenigen Jahren zum Beirat. Zudem kennt er Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger noch aus gemeinsamen Zeiten beim Zulieferer Teves, den später Conti geschluckt hatte.

Schaeffler will nach eigenen Angaben mehr als 30 Prozent der Conti-Anteile übernehmen. Der Conti-Vorstand ist nur zu einer Beteiligung von 20 Prozent bereit, was wiederum Schaeffler ablehnt. Schaeffler hat direkt und über sogenannte Swap-Geschäfte bereits Zugriff auf ein Aktienpaket von rund 36 Prozent, falls die an dem Deal beteiligten Banken bis zum Ende mitspielen. Damit hätte Schaeffler wegen der geringen Präsenz auf Hauptversammlungen faktisch das Sagen bei der Conti. Wennemer hatte das Vorgehen Schaefflers als rechtswidrig bezeichnet.

Die Conti-Führungskräfte lehnten am Dienstag das Übernahmeangebot ab. «Wir haben einfach kein Vertrauen», sagte der Sprecher der leitenden Angestellten, Thorsten Reese, der dpa. Die Führungskräfte glaubten den Zusicherungen Schaefflers nicht, dass Conti im Falle einer Übernahme nicht zerschlagen werde und ein eigenständiger Konzern mit Sitz in Hannover bleibe. «Die können uns das Blaue vom Himmel versprechen», sagte Conti-Aufsichtsratsmitglied Reese.