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BGH schützt Verbraucher vor Gaspreiserhöhungen

28.10.2009, 15:44

Karlsruhe/dpa. - Vertragsklauseln zur Erhöhung von Gaspreisen wegen gestiegener Kosten dürfen nicht als Einbahnstraße zulasten der Verbraucher ausgestaltet werden.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in einem Urteil bekräftigt. Die Karlsruher Richter erklärten erneut Klauseln für unwirksam, die einem Gasversorger einseitig das Recht geben, die Preise zu erhöhen. Solche Klauseln, die Kostenschwankungen der Unternehmen beim Gasbezug ausgleichen sollen, sind nach der Entscheidung des BGH nur wirksam, wenn auch eine Pflicht zu Preissenkungen bei geringeren Kosten besteht.

«Eine Preisanpassungsklausel (...) darf dem Verwender nicht die Möglichkeit geben, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen», heißt es in dem Urteil. Im konkreten Fall hatten mehr als 50 Kunden des Versorgungsunternehmens swb aus Bremen geklagt, die einen Sondervertrag zur Vollversorgung von Haushaltskunden abgeschlossen hatten. Derartige Verträge schließen inzwischen die Mehrheit der Verbraucher ab.

Die von der swb verwendeten Klauseln ermöglichten dem Unternehmen nicht nur den Ausgleich von Kostenschwankungen, entschied der BGH. Weil eine Verpflichtung zu Preissenkungen fehle, könne der Versorger auch seine Gewinne erhöhen, indem erhöhte Bezugskosten sofort, gesunkene Bezugskosten «jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung» zum Anlass für Preissenkungen genommen würden. Der BGH hatte mehrfach einseitige Preiserhöhungsklauseln für unwirksam erklärt. (Az: VIII ZR 320/07 vom 28.10.2009)

Am Mittwoch entschied der BGH allein über die Unwirksamkeit der Klauseln und nicht über mögliche Rückforderungen. Profitieren können von dem Urteil ohnehin nicht alle Gaskunden. So hatte der BGH in früheren Urteilen betont, dass Verbraucher ihr Recht auf Rückforderungen verlieren können, wenn sie Preiserhöhungen nicht widersprechen.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht keine bundesweite Bedeutung des Urteils. Denn die mehr als 700 Gasversorger in Deutschland verwendeten unterschiedliche Formulierungen in ihren Verträgen. Die deutsche Gaswirtschaft habe in den letzten Jahre auf steigende wie auch auf sinkende Beschaffungskosten reagiert. Im Durchschnitt seien die Gaspreise mittlerweile auf dem niedrigsten Stand seit dem zweiten Halbjahr 2006, heißt es in einer Mitteilung.

Der Prozessvertreter der swb warnte in der Verhandlung vor den finanziellen Folgen, die massenhafte Rückforderungen von gezahlten Gasgebühren für die Unternehmen haben könnten. Rückzahlungen müssten auch deshalb ausgeschlossen sein, weil sonst in der Summe unzumutbar hohe Verpflichtungen der Gasversorger entstünden. Die Höhe möglicher Rückzahlungsverpflichtungen wollte die swb am Mittwoch nicht beziffern.

Die Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Bremen, Irmgard Czarnecki, sagte nach der Verhandlung: «Jetzt geht es der swb um den Versuch, trotz der Unwirksamkeit der Klausel nicht zu zahlen. Das kann ja nicht sein.» Nach Czarneckis Angaben hat die swb rund 140 000 Kunden, 30 000 davon hätten in der Vergangenheit Gaspreiserhöhungen widersprochen. Durchschnittlich gehe es in den Fällen um mögliche Rückforderungen von 400 bis 500 Euro für den Zeitraum von Ende 2004 bis Ende 2006.