Berlin Berlin: Wolfgang Thierse ist auf die Schwaben sauer
Halle (Saale)/MZ. - Seit 40 Jahren wohnt Wolfgang Thierse, der letzte verbliebene DDR-Bürgerrechtler im Bundestag, am Prenzlauer Berg. Aus dem zu DDR-Zeiten vernachlässigten Biotop für Querdenker ist längst ein Szene-Stadtteil mit Bio-Läden, sanierten Wohnungen und Kindern im trendigen Babyjogger geworden. "Ich ärgere mich, wenn ich beim Bäcker erfahre, dass es keine Schrippen gibt, sondern Wecken", klagt der Ureinwohner. Schließlich sage man in Berlin Schrippen: "Daran könnten sich selbst Schwaben gewöhnen." Aber nein: "Die Schwaben" kämen in die Hauptstadt, weil sie alles so quirlig fänden, nach einer Weile würden sie jedoch am liebsten ihre Kehrwoche einführen: "Das passt nicht zusammen."
Damit dürfte Thierse die Stimmung vieler zuwanderungskritischer Prenzl- und Kreuzberger getroffen haben, die "den Schwaben" als Inkarnation der Öko-Schickeria sehen und zur Not schon mal dessen Kinderwagen abfackeln. Doch nun schießen die Württemberger zurück. EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) droht, ohne den Länderfinanzausgleich aus dem Süden sähe es in Berlin traurig aus. Und FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel poltert: "Die Schwaben in Berlin passen zum modernen Deutschland weitaus besser als mancher pietistische Zickenbart."
Das sitzt. "Lächerlich" findet Thierse die Reaktionen und zeiht seine Kritiker der Humorlosigkeit: "Berliner haben mehr Witz." Es riecht nach Duell am Kollwitzplatz. Doch Vorsicht, Herr Thierse, die Sache ist heikel! Wo nämlich kommt der neue Berliner Polizeipräsident her? Richtig! Aus Schwaben.