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Analyse: Ein Transrapid-Vertrag mit Restrisiko

Von Daniela Wiegmann und Dorothea Hülsmeier 25.09.2007, 14:15

München/Berlin/dpa. - Am Ende des Abends spendierte Edmund Stoiber sogar Champagner. Drei Stunden lang hatte Bayerns Ministerpräsident mit Industrie und Bahn über die Finanzierung des Transrapids verhandelt.

Eine Stunde vor Mitternacht waren sich dann alle einig: Die heftig umstrittene, milliardenschwere Trasse vom Münchner Flughafen zum Hauptbahnhof soll nicht am Geld scheitern. «Die Finanzierungslücke ist geschlossen», verkündete der CSU- Regierungschef am Dienstag. Rund eine Woche vor seinem Rücktritt hat der 65-Jährige eines seiner größten politischen Ziele erreicht.

Unbedingt wollte Stoiber noch vor Ende seiner Amtszeit den Transrapid unter Dach und Fach bringen. Dass es letztlich ein Vertrag mit einigen Haken wurde, muss ihn nicht mehr kümmern. «Die politisch Verantwortlichen werden das nicht mehr stoppen», sagte er triumphierend. Was 2009 oder 2010 sei, darüber müssten Politik und Industrie dann neu entscheiden. Denn die größte Unbekannte beim Münchner Transrapid sind die Mehrkosten: Die bisherige Schätzung für die erste kommerzielle Transrapidstrecke in Deutschland in Höhe von 1,85 Milliarden Euro stammt aus dem Jahr 2004.

Aber ungeachtet des Preises wäre die Münchner Verbindung für das Heimatland des Transrapids ein wichtiger Erfolg. Denn bislang kamen alle Pläne in Deutschland über die Schublade nie hinaus. Zunächst wurde die geplante Strecke Hamburg-Berlin mit angenommenen Kosten zwischen 3,9 und 4,5 Milliarden Euro gekippt. Auch weitere Vorhaben in Norddeutschland und im Ruhrgebiet kamen nicht über Absichtserklärungen hinaus. Und auch zum Exportschlager wurde der Transrapid nicht. Bislang gibt es weltweit nur eine einzige kommerziell genutzte Strecke - in Shanghai.

«Scheinvertrag», «faules Abschiedsgeschenk» - mit markigen Worten gingen Transrapid-Gegner auch am Dienstag sogleich in die Offensive. Und in der Tat schließen die Beteiligten höhere Kosten nicht aus. Der Bund hat aber bereits klargestellt, dass er sich daran nicht mehr beteiligen werde. Offen ist zudem, wie hoch der Festpreis sein wird, den Bahn und Industrie derzeit aushandeln.

Immer noch fehlen 50 Millionen Euro für den Bau der 37-Kilometer- Trasse, die die Fahrzeit zwischen Münchner Flughafen und Bahnhof um rund eine halbe Stunde auf zehn Minuten verkürzen soll. Bayern hofft auf die EU. Die Brüsseler Kommission machte aber sogleich klar, dass der Freistaat nicht die EU-Töpfe anzapfen könne. Drei Tage nach seinem Rücktritt will Stoiber deshalb am 3. Oktober nach Brüssel reisen und mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso verhandeln. Als neuer oberster Bürokratie-Bekämpfer der EU hat er besonderen Zugang zu den Zirkeln der Brüsseler Macht.

Auch den angedrohten Klagen gegen den Transrapid sieht Stoiber gelassen entgegen. «Niemand wird diesen Schritt mehr rückgängig machen. Das ist völlig klar.» Vor allem Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) stemmt sich gegen den Transrapid. Allerdings gibt die SPD ein zwiespältiges Bild ab. Ude wettert dagegen, Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee muss sich an den Koalitionsvertrag halten, in dem der Bau einer Transrapid- Referenzstrecke als «hochinnovatives Leuchtturmprojekt» festgeschrieben ist, Finanzminister Peer Steinbrück das Geld hüten. Und Steinbrück würde wohl lieber auf die Bremse treten.

Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber sagte genüsslich: «Es wäre schön, wenn wir den Oberbürgermeister Münchens zum Oktoberfest 2012 zur Jungfernfahrt einladen könnten.» Auch für Huber kam die Einigung auf den letzten Drücker. Wenn er beim CSU-Parteitag an diesem Samstag für den Chefposten kandidiert, kann er sich als Geburtshelfer für den Transrapid empfehlen. Mit seinem Ziehvater Stoiber hat Huber schon viele Schlachten geschlagen. Dass Stoiber aber die Korken knallen lässt, das war auch für Huber etwas Besonderes. «Ich kann mich an keinen Moment erinnern, wo ich ein Glas Champagner bekommen hätte.»