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Agrar Agrar: Rote Harzer voll auf der Höhe

Von Steffen Höhne 24.06.2005, 15:40

Tanne/MZ. - Mit den ersten Sonnenstrahlen steht Landwirt Uwe Thielecke aus Tanne im Sommer auf den Wiesen. Der Frühnebel verhüllt oft noch die Hänge des Harzes - die Luft ist kühl und klar. Ländliche Romantik - für ihn aber beginnt ein langer Arbeitstag. Der Brockenbauer schaut jeden Morgen nach seinen Rindern.

Thielecke hat in den vergangenen zehn Jahren maßgeblich dazu beigetragen, dass eine schon fast ausgerottete Rinderrasse im Harz wieder heimisch wurde: Harzer Rotvieh - später auch als Rotes Höhenvieh bezeichnet. Nur 600 Tiere dieser Art leben in Deutschland, 182 dieser Rinder stehen auf Thieleckes gepachten Wiesen. Damit besitzt er die größte Herde.

Wenn der 40-jährige Bauer über sein Harzer Rotvieh spricht, erinnert dies an eine Preisschau: "Ein Harzer Rotvieh erkennt man daran, dass es einfarbig rotbraun, kräftig gebaut, leicht kalbend, äußerst widerstandsfähig und sehr genügsam beim Futter ist." Nur eines brauche die Harzer Kuh: eine Familie. Die Kühe seien sehr mütterlich.

Dass die Tiere dennoch in den 70er Jahren aus dem Harz verschwanden, lag an ihrer geringen Milchleistung. Auf 3 000 Liter Milch bringt es eine Rote Harzer im Jahr - zu wenig für eine auf Leistung getrimmte Landwirtschaft. Deren hochgezüchtete Tiere liefern durchschnittlich 7 500 Liter. Thielecke entschied sich dennoch, mit der Zucht der bedrohten Rasse zu beginnen. Er geht andere Wege.

In Leipzig studierte der Landwirt Tierproduktion und kaufte nach der Wende zusammen mit seiner Frau einen Hof im Harzer Urlauberort Tanne. Zuerst übernahm der die Pflege von 30 Rindern, die er 1995 vom Besitzer kaufte. In diesem Jahr wurde im Harz auch das Herdbuch wieder eingeführt. Die Führung des Buches ist Voraussetzung für den Erhalt der Rasse.

Thieleckes Rinder grasen auf sechs Koppeln. Mit der Pflege der 440 Hektar Wiesen - dafür gibt es EU-Beihilfen - und dem Verkauf des Rindfleisches verdient der Bauer sein Geld. Milchproduktion lohnt sich dagegen nicht. Die Geschäfte laufen gut. Schon am Eingang des Hofladens hängt ein Schild: "Wurst erst wieder im September." Derzeit hat der Landwirt einfach kein Schlachtvieh. Nur Hotels aus dem Harz beliefert er das Jahr über mit Rindfleisch. "Einige Gastronomen wollen ihren Kunden etwas besonders bieten", sagt der Bauer. Seine Produkte tragen alle das EU-Biolabel. Sich als Öko-Landwirt zu bezeichnen, fällt dem Bauern jedoch schwer. Er ist in keinem Bio-Verband, sondern als Direktvermarkter sein eigener Herr.

Auf dem Harzer Landwirtschaftsfest am Sonntag in Reinstedt bei Aschersleben wird der Landwirt mit zwölf seiner Tiere bei der ersten Bundesschau Rotes Höhenvieh teilnehmen. In Harzer Tracht wird Thielecke seine Kuh "Meike" vorstellen - die ist 20 Jahre alt und noch immer vital.