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Kommunalwahl im Saalekreis Wahl ohne Auswahl - in vielen Orten fehlt es an Kandidaten

In vielen Gemeinden im Saalekreis stehen bei der Kommunalwahl am 9. Juni nicht genug Kandidaten auf dem Stimmzettel. Betroffen sind vor allem Ortschaftsräte. Mitglieder sehen dafür klare Gründe. Mancherorts muss es Nachwahlen geben.

Von Robert Briest und Luisa König Aktualisiert: 18.05.2024, 17:37
Gerade in Ortschaftsräten haben die Wähler am 9. Juni wenig Auswahl, wer in das Gremium einziehen soll.
Gerade in Ortschaftsräten haben die Wähler am 9. Juni wenig Auswahl, wer in das Gremium einziehen soll. Foto: dpa

Schraplau/Wettin/Bad Lauchstädt/Knapendorf. - So richtig möchte sich Peter Mettin nicht zur anstehenden Wiederwahl gratulieren lassen. Dabei hat der Stadtrat sein Mandat für die kommende Legislaturperiode eigentlich schon sicher in der Tasche. Es reicht eine Stimme für die Liste der Wählergemeinschaft für Schraplau, für die er antritt. Auf der stehen zwölf Namen. Zwölf Plätze sind im Stadtrat zu besetzen. Andere Wahlvorschläge gibt es nicht. „Wir sind froh, dass wir überhaupt zwölf zusammenbekommen haben“, sagt Mettin. „Es gibt eine große Politikverdrossenheit.“ Deren Ursache sieht er sowohl im Bund und Land als auch in der Art, wie manche regionale Entscheidung fällt.

Auf der Liste der Wählergemeinschaft kandidierten Jung und Alt, verschiedene Berufe. „Sie stellt die breite Masse der Schraplauer dar“, findet der Bewerber. Wie er sind auch zehn weitere Kandidaten auf der Liste bereits jetzt Stadträte. Nur ein Neuer ist dazugekommen. Bürgermeister Olaf Maury sieht darin eine gewisse „Ignoranz, dass man mit der Kommunalwahl etwas entscheiden kann. Die Leute wissen, dass unser finanzieller Rahmen wenig zulässt, und sagen, man kann doch eh nichts bewegen.“ Die Wahrnehmung der Räte sei eine andere – auch die von Maury selbst: „Wir können etwas bewegen, aber es sind viele kleine Schritte. Wenn man nur in riesigen Dimensionen denkt mit großen Straßen, die saniert werden, liegt man falsch.“

Mangel in Ortschaftsräten

Eine Wahl ohne echte Auswahl für die Bürger, ohne die Möglichkeit, dass Bewerber nach dem 9. Juni nicht gewählt sind – damit ist der Schraplauer Stadtrat nicht allein. Ein anderes prominentes Beispiel ist die Bürgermeisterwahl im nahe gelegenen Querfurt, für die sich kein Gegenkandidat für Amtsinhaber Andreas Nette (parteilos) gefunden hat. Besonders betroffen sind aber vor allem Ortschaftsräte, die untersten politischen Gremien, die am wenigsten entscheiden können. Vielfach beschränkt sich dies auf die Verteilung von Dorf- oder Vereinsförderung. Zu anderen Fragen, wie Bauprojekten auf ihrem Gebiet, werden die Ortschaftsräte nur gehört, ihr Votum ist für den Stadtrat nicht bindend.

In der Stadt Querfurt gibt es gleich drei Ortschaftsräte, für die sich nicht genügend Bewerber gefunden haben. In Vitzenburg bleibt mindestens ein Platz im Rat frei, in Grockstädt zwei, in Gatterstädt sogar drei. In der Goethestadt Bad Lauchstädt treten beispielsweise im Ortsteil Delitz vier Bewerber für vier Plätze an, in der Kernstadt sind es sogar nur acht für neun. Ortsbürgermeister Norbert Schindler sieht als einen Grund für den Bewerbermangel, den hohen organisatorischen Aufwand für die Mitglieder. Schließlich würde der Rat pro Jahr drei Feste und eine Weihnachtsfeier in Bad Lauchstädt organisieren. Mitglied Thomas Werner nennt als weitere Ursache das eingeschränkte Mitspracherecht des Ortschaftsrates im Stadtrat.

Kuriosum in Knapendorf

In Wettin-Löbejün hatte Bürgermeisterin Antje Klecar (parteilos) nach eigenen Worten im Vorfeld der Kommunalwahl darum geworben, dass einige Ortschaftsräte sich verkleinern. Doch das hätten die nicht gewollt. In Domnitz gibt es nun jedoch nur vier Bewerber auf sieben Plätze. In Rothenburg ist das Verhältnis drei auf sechs – zu wenig, damit sich der neue Ortschaftsrat überhaupt konstituieren kann. In einer Ergänzungswahl müssen die Rothenburger deshalb am 10. November – dem Termin der Stichwahl für die Bürgermeisterwahl – weitere Mitglieder wählen, so sich denn Kandidaten finden.

Einen Termin für die Ergänzungswahl gibt es für Knapendorf noch nicht. Ortsbürgermeister Erich Meyer weiß aber bereits seit dem Abend des 2. April, dem Tag, an dem die Bewerbungsfrist endete, dass die erfolgen muss. Er ärgert sich deshalb ein Stück weit über die Gemeindewahlleitung, die ihn nicht vorgewarnt habe, und über sich selbst, weil er die Fristen zwar mal erwähnt, aber dann mögliche Bewerber nicht daran erinnert habe. Die hätte es in Knapendorf für die fünf Plätze durchaus gegeben. „Meine übrigen vier jetzigen Ortschaftsräte wollte sich eigentlich auch bewerben.“ Aber sie verpassten die Frist.

Keine Alternative zur Nachwahl

So stehen am 9. Juni nur Meyer und der Ortswehrleiter Benjamin Behnke auf dem Stimmzettel. Man habe sich beim Kreiswahlleiter erkundigt, doch eine Verschiebung der Wahl oder eine Nachmeldung von Bewerbern sei nicht möglich. Es bleibt nur die Ergänzungswahl, die wohl laut Meyer vermutlich im Herbst stattfindet. Weil sich der neue Ortschaftsrat mit nur zwei Mitgliedern nicht konstituieren kann, bleibt bis dahin der alte im Amt.

Doch selbst, wenn seine bisherigen vier Ratskollegen ihre Bewerbung rechtzeitig abgegeben hätten, würde es in Knapendorf nur einen Bewerber mehr als freie Plätze geben. Es sei schon bei früheren Wahlen schwer gewesen, Kandidaten zu finden, berichtet der Ortsbürgermeister. Woran das liegt? „Das kann man mit Politikverdrossenheit überschreiben.“ Gerade wegen der Bundespolitik.

Bürger trotzdem zum Wählen ermutigen

In Schraplau will sich die Wählergemeinschaft vom Kandidatenmangel derweil nicht entmutigen lassen. Am Donnerstagabend haben sich die Bewerber getroffen, um ein Foto für den Wahlflyer zu machen. Den solle möglichst jeder in seiner Straße verteilen, erklärt Mettin. Man wolle die Leute animieren, trotzdem zur Wahl zu gehen.