"Zeitgeschichtliche Dokumente schaffen" "Zeitgeschichtliche Dokumente schaffen": Graffiti von "Freiraumgalerie" zeigt Halle Neustadt

Halle (Saale) - Diva in Grau - von wegen! Nicht nur an der Voßstraße, wo gerade ein weiteres großformatiges Wandbild entsteht, ist die Stadt bunt geworden. Großflächige Graffiti verschönern Wände im Norden, Süden, Osten und Westen der Stadt. Aus dem Projekt und späteren Verein „Freiraumgalerie“ ist mittlerweile ein „Kollektiv für Raumentwicklung“ geworden, das sich juristisch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) neu sortiert hat.
Graffiti von Freiraumgalerie soll Halle Neustadt widerspiegeln
„Das Jahr 2019 ist voll ausgeplant“, sagt Philipp Kienast, Sprecher und Miteigentümer der GbR. Und 2020 und folgende Jahre wohl auch: Die Freiraumgalerie wird in dieser Woche ihr Konzept für Kunst im öffentlichen Raum in Neustadt vorlegen. Im Rahmen eines Stipendiums der Kunststiftung hat die Freiraumgalerie darin beschrieben, wie nicht nur einfach schöne, bunte Fassaden in Neustadt entstehen können.
Es geht um mehr: „Wir wollen zeitgeschichtliche Dokumente schaffen, die von internationalen Künstlern entworfen werden“, so Kienast. Die Geschichte, die Gegenwart und auch die Probleme des Stadtteils sollen sich auf den Graffiti widerspiegeln, immer in Einbeziehung der Menschen, die dort wohnen.
Und auch die Künstler sollen als „artist in residence“ zumindest zeitweise Neustädter werden, bevor sie ihren Entwurf anfertigen und realisieren. Die Finanzierung? „Wir sind sehr ambitioniert, Geld dafür, unter anderem auch über Sponsoring und Fördertöpfe zu bekommen“, sagt Kienast.
Halle Neustadt: Außenwerbung durch gestaltete Fassaden
Hilfe für diesen Part gab es in diesen Wochen von der ersten Praktikantin, die sich zwei Monate tief in die Arbeit der Freiraumgalerie eingegraben hat: Lisa Scheithauer. Die Dortmunder Studentin der Raumplanung hat - neben weiterem - alle Fördertöpfe ausfindig gemacht, mit denen das Konzept umgesetzt werden könnte. „Über die Montagstiftung, die in Halle den Bürgerpark Freiimfelde ermöglicht hat, bin ich auf die Freiraumgalerie aufmerksam geworden“, sagt die 25-Jährige.
Spannend findet sie die Arbeit, die so ganz anders ist als in anderen Raumplanungsbüros: „Es gibt keine Hierarchien, die Zusammenarbeit ist toll. Es ist gut zu sehen, dass auch alternative Büros funktionieren können.“ Beeindruckt ist die Dortmunderin vor allem davon, dass „eine relativ kleine Stadt wie Halle eine so große Außenwerbung durch die gestalteten Fassaden erreichen kann.“ Die Außenwirkung hat sie im Rahmen ihres Praktikums auch mitbekommen, als sie Philipp Kienast zu einem Termin nach Berlin begleitet hat - eine Anfrage für eine Fassadengestaltung. Noch ist nichts in Sack und Tüten, aber wer weiß?
Freiraumgalerie verschönert Neustadt: Graffiti, Urban gardening und Bauaktionen
„Wir haben Anfragen auch über Halle hinaus“, sagt Kienast. Auch an Gestaltungswettbewerben habe man sich schon bundesweit beworben. „Leider bislang ohne Erfolg.“ Damit bleibt mehr Energie für die Projekte in Halle, zum Beispiel eine Summerschool, die die Freiraumgalerie erstmals im August für Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren anbietet mit Graffiti, Urban gardening und Bauaktionen im Bürgerpark, Landsberger Straße.
Und auch die Fassadengestaltung in der Voßstraße, wo die Freiraumgalerie derzeit ein Haus verschönert, geht ab August weiter. „Die Pläne dazu stellen wir gemeinsam mit der HWG am 5. Juni bei einem Mieterfest vor“, so Philipp Kienast. Gestaltet werden dann die Blöcke Voßstraße 13 und 14. Und auch die nächsten Praktikanten stehen bereits fest: Ab Juni und dann im Herbst wollen zwei weitere junge Menschen erkunden, was man bei der Freiraumgalerie lernen kann.
Rat und Unterstützung holt sich die Freiraumgalerie für das Neustadt-Konzept und dessen Umsetzung aber auch selbst: In einem neu gegründeten Beirat, zu dem neben Vertretern der Stadt unter anderem auch Burg-Professor Ulrich Reimkasten oder Guido Schwarzendahl, Vorstand des Bauvereins Halle&Leuna, gehören. (mz)
