WM-Teilnehmer Serbien-Montenegro im Porträt WM-Teilnehmer Serbien-Montenegro im Porträt: Vielleicht die letzte Teilnahme
Belgrad/dpa. - Den größten Erfolg erzielten die Balkan-Spieler bei der ersten WMin Uruguay 1930 - damals teilten sie mit den USA den dritten undvierten Platz. Die diesjährige Gruppe C mit Argentinien, denNiederlanden und der Elfenbeinküste ist nach Auffassung desNationaltrainers Ilija Petkovic die schwierigste. Aber die Mannschaftwerde diese «Todesgruppe überleben», versichert Kapitän SavoMilosevic.
Eine ganz andere Frage ist, ob die erst drei Jahre bestehendeStaatsgemeinschaft von Serbien-Montenegro die WM überleben wird. Indiesem April will das kleine Montenegro ein Referendum über dieUnabhängigkeit abhalten. Die Fußballmannschaft soll aber, ungeachtetdes Ergebnisses, in Deutschland «brüderlich und gemeinsam» auftreten,sagt Petkovic. Und das unter den Tönen der bei Fans und vielenSpielern verpönten Nationalhymne «Hej Sloveni» (Auf, ihr Slaven), dievon 1945 bis 1991 die inzwischen in blutigen Kriegen aufgelösteSozialistische Bundesrepublik Jugoslawien symbolisierte. Seit 15Jahren konnte sich das Parlament in Belgrad nicht über eine neuegemeinsame Hymne einigen. Nun haben beide Teilstaaten eigene Hymnen,aber die «gemeinsame» ist die kommunistische geblieben.
«Wir mögen diese rote Hymne nicht, aber unsere Fußballer brauchenunsere Unterstützung», sagt Predrag Simic, einer der Anführer dergrößtenteils serbisch-nationalistisch eingestellten Fans der «Plavi»(die Blauen), wie die Nationalelf populär genannt wird. Er und seineKumpel seien in Deutschland nicht an Zwischenfällen interessiert. DieAusnahme würden die Fans aus Kroatien sein, denn mit denen «muss esKrawalle geben». Simic hat schon seine Tickets für die WM erworben,aber ob er und einige hundert seiner Gleichgesinnten auch eindeutsches Visum bekommen werden, ist eine andere Sache.
Seit 1992 benötigen die Bürger von Serbien-Montenegro Einreisevisafür die meisten Staaten der Welt. Das deutsche Konsulat in Belgradhat auf seiner web-site alle Fans aufgerufen, rechtzeitig Anträge zustellen und alle notwendigen Unterlagen vorzubereiten. Insgesamt sindbeim Fußballbund von Serbien- Montenegro (FSCG) über 22 000 Anträgefür WM-Tickets eingegangen. Das ist doppelt so viel wie dem FSCGzusteht, und jetzt erwartet man noch etwa 5000 Tickets mehr. Füreinen normalen Fan sind die Preise sehr hoch. Bei durchschnittlichenMonatsverdiensten von knapp 200 Euro können sich die Wenigsten dieAusgaben von mehreren Hundert Euro für die Eintrittskarten undReisekosten leisten.
Für jene Glücklichen, die ein Visum und Tickets haben, hat eineBelgrader Boulevardzeitung einen fünfmonatigen Deutschkurs begonnen.Täglich erscheinen fünf für das tägliche «Fan-Überleben» in deutschenStädten «wichtige» Sätze, wie: «Wo kann ich billiges Bier kaufen»,«Wo ist das nächste Bordell?» und «Rufen sie den Notdienst, ich bintotal betrunken».
Den meisten bleiben als Trost die Fernsehübertragungen, aber auchdie sind in Frage gestellt. Die Fernsehrechte für Serbien undMontenegro, die Provinz Kosovo und Mazedonien hat der privateBelgrader Sender BK-TV erworben. Nun hat aber der serbische StaatErmittlungen gegen den Familien-Klan Karic, der unter anderem auchBesitzer des Senders ist, wegen Steuerhinterziehungen und andererUngereimtheiten eingeleitet. Der Staat droht, dem BK-TV dieSendelizenz zu entziehen. Dann könnte die daheim gebliebenen Fanskeine Übertragungen mehr sehen. «Für diesen Fall suchen wir einealternative Sendemöglichkeit», versichert Bojana Lekic, Direktorindes BK-TV.