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WM-Teilnehmer Polen im Porträt WM-Teilnehmer Polen im Porträt: Rückkehr zur Spitze im Visier

Von Eva Krafczyk 04.04.2006, 14:43

Warschau/dpa. - Unter Nationaltrainer Pawel Janas, selbst einer derehemaligen polnischen Fußball-Helden, soll die Rückkehr zu jenengoldenen Zeiten der 70er Jahre versucht werden, als Polen mitSpielern wie Zbigniew Boniek in der europäischen Spitze spielte und1974 bei der WM in Deutschland mit Torschützenkönig Grzegorz Latosogar Dritter wurde.

Dass das Losglück gleich in der Gruppenphase eine Begegnung mitGastgeber Deutschland ermöglichte, ist für viele polnischeFußballfreunde nur das I-Tüpfelchen. Mit Gelsenkirchen und Dortmundspielt die polnische Mannschaft zudem in zwei Städten, die für vielePolen einen bekannten Klang haben. Einwanderer aus Polen machteneinst das Ruhrgebiet mit zum deutschen Bergbaurevier, und auch in den80er Jahres zog es viele Aussiedler in die Städte zwischen Duisburgund Hamm, in denen Kowalskis fast so häufig sind wie Müllers.

Besonders spannend ist für die Polen natürlich, dass im deutschenTeam mit Lukas Podolski und Miroslaw Klose gleich zwei Spielervertreten sind, die in Polen geboren wurden und dort ebenfalls ihreFans haben. Vor allem im oberschlesischen Oppeln (Opole), KlosesHeimatregion, werden die Erfolge des Torjägers fast so gefeiert, alsspiele er für das rot-weiße Team. Mit Ebi Smolarek von BorussiaDortmund steht ein Bundesliga-Profi im polnischen Team. Star derMannschaft ist dessen Sturm-Kollege Maciej Zurawski, der bei CelticGlasgow unter Vertrag steht.

Ein Schatten fällt allerdings auf die Vorfreude: Unter den bis zu300 000 Polen, die zur Weltmeisterschaft ins Nachbarland kommenwollen, dürften auch zahlreiche gewaltbereite Hooligans sein. Mitblutigen «Fankriegen» trübten sie bereits in der polnischen Liga dasBild des Fußballs. In den Auseinandersetzungen der Club-Anhänger gabes bereits mehrere Tote, zuletzt vor wenigen Wochen im südpolnischenKrakau (Krakow). Für die WM sollen die Gewalttäter, die nachPolizeiberichten längst von der Mafia unterwandert sind, einenWaffenstillstand geschlossen haben: Gemeinsam soll es gegen dieHooligans der anderen WM-Teilnehmerländer gehen.

Dass die polnischen Fußball-Schläger einer breiten Öffentlichkeitin Westeuropa noch nicht bekannt sind, liegt an zwei Dingen: Zumeinen spielte die in den vergangenen Jahren nicht sonderlicherfolgreiche polnische Mannschaft nicht in vielen internationalenBegegnungen, zum anderen fehlte den Hooligans das Geld etwa für eineReise zur WM nach Asien vor vier Jahren.

In diesem Jahr ist das anders: Mit Bus, Bahn oder perFahrgemeinschaft ist Deutschland schnell und unkomplizierterreichbar, ein Visum brauchen die neuen polnischen EU-Bürger nichtmehr. Die polnischen Behörden scheinen das Problem erst relativ späterkannt zu haben. Denn erst nach dem Tod eines Fans in Krakaukündigte der polnische Justizminister Zbigniew Ziobro an, er wollesich bei seinem britischen Kollegen über die englischen Methoden imKampf gegen Fan-Kriminalität informieren. Auch eineErmittlungskommission zur Fan-Gewalt wurde erst vor wenigen Wochengegründet.

Ob genug Zeit bleibt, nach dem Vorbild deutscher, niederländischeroder englischer Behörden bekannte Gewalttäter zu erfassen undAusreiseverbote zu erlassen, bleibt fraglich. Lediglich etwa 50Hooligans sind in einer Datenbank der polnischen Polizei alsGewalttäter erfasst und haben Stadionverbot.

An der deutsch-polnischen Grenze, wo gemeinsame Polizeipatrouillenund eine enge Zusammenarbeit der Grenzschützer längst Routinegeworden sind, bereiten sich Polizei und Grenzschutz schon jetzt aufden WM-Einsatz vor. In gemeinsamen Übungen an den großenGrenzübergängen proben sie den Umgang mit ungeduldigen undangetrunkenen Fans und das angemessene Verhalten zwischenberuhigender Deeskalation und Entschiedenheit gegenüber denjenigen,die die WM für Schlägereien missbrauchen wollen.