WM-Teilnehmer Angola im Porträt WM-Teilnehmer Angola im Porträt: Hoffen auf die einigende Kraft des Fußballs

Johannesburg/Luanda/dpa. - Im sechsten Anlauf hatte sich der südwestafrikanische Ölstaat für die Fußball-Weltmeisterschaft qualifiziert - der Jubel zwischen Luanda und Lubango kannte kaum Grenzen. Die kriegszerrüttete Nation setzt auf die einigende Kraft sportlicher Spitzenleistung - so wie sie einst das «Wunder von Bern» WM-Gastgeber Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg beschert hat.
Der Trümmerstaat Angola sieht die WM-Teilnahme als Chance, neuesSelbstwertgefühl bei der traumatisierten Bevölkerung aufzubauen. Aufdem eigenen Kontinent hatten es die Angolaner 1996 erlebt, alsSüdafrika nach dem Fall der Apartheid durch den Gewinn des Afrika-Cups bei Schwarz und Weiß einigenden Nationalstolz auslöste. Angolahofft auf Ähnliches, obwohl das Nationalteam - die «Palancas Negras»(Schwarzen Antilopen) - sportlich aus der Wüste kommt. Immerhin gabes erste bescheidene Erfolge des nach Angolas Wappentier benanntenTeams - die WM-Qualifikation zählte dazu. «Früher hatte Angolaüberhaupt keine Gewinne erzielt, jetzt tragen wir immerhin die erstenSiege davon», meint Nationaltrainer Luis Oliveira Goncalves.
Er setzt bewusst auf Talente, die sich in Europa bereits bewährthaben. Der beim FC Porto spielende Abwehrspieler Pedro Emanuel (31)oder der früher für Benfica Lissabon und heute in Katar spielendeNationalteam-Kapitän Fabrice Akwa gehören dazu. Er ist wie PedroManuel «Mantorras» (23) einer der neuen Nationalhelden des Landes undverkörpert den Traum vieler Kriegswaisen: Sozialer Aufstieg durchsportliche Spitzenleistung. Mantorras war nach dem Tod der Elterneiner der unzähligen zerlumpten Straßenjungen Luandas, ehe er es alsStürmer bei Benfica Lissabon zu Ansehen und Wohlstand brachte.
Kritik, dass Oliveira Goncalves heimische Talente zu sehrvernachlässigt, lässt der Trainer nicht gelten. In der HauptstadtLuanda erklärte er europäischen Journalisten: «Angola hat sich mitSpielern qualifiziert, die bereits Erfolge in Europa gesammelt habenund jetzt nach Afrika zurückkehren. Wir haben es nur geschafft, weilwir Spieler um uns geschart haben, die unter besseren Bedingungentrainieren und lernen konnten. Bei Auswärtsspielen verlieren wirregelmäßig, wenn wir nur mit heimischen Spielern antreten.»
Kein Wunder: Der jahrzehntelange Krieg hat die Infrastruktur desLandes zerstört und kaum Platz für staatliche Nachwuchsförderunggelassen. Die 1979 gegründete Federaçao Angolana de Futebol (FAF)konnte sich zwar auf großen Enthusiasmus der Bevölkerung stützen,aber kaum auf Fördergelder. Viele Clubs werden heute von Ölfirmengesponsert, einige haben sogar einen Bohrturm als Emblem. DerBegeisterung für den nach Basketball zweitbeliebtesten Sport tut dasaber keinen Abbruch. In den Favelas kicken zerlumpte Kinder undJugendliche barfuß mit allem, was nach Ball aussieht. SelbstLumpenknäuel geben notfalls Fußbälle ab, Ölkanister die Torpfosten.Kleine Radios dicht am Ohr ersetzen hier oft den Panorama-Bildschirm.
Inspiriert wird Angolas Fußball von den Ballzauberern ausBrasilien - dem Land, zu dem Angola auch heute noch die stärkstenBindungen auf dem ganzen Kontinent hat. Die historischen Bande habenden Angolanern den Spitznamen «Afrikas Brasilianer» beschert. Mit dereinstigen Kolonialmacht Portugal verbindet Angola eine Hassliebe.Viele Angolaner haben Freunde in Portugal und umgekehrt. Jeder kennthier die Namen der Kicker-Stars aus Portugals Erster Liga.
Dass Angolas «Schwarze Antilopen» in ihrem ersten WM-Spiel am 11.Juni ausgerechnet gegen Portugal antreten, weckt Erwartungen. DerNationaltrainer spricht von einer «emotional aufgeladenen Beziehung»bei dem Spiel, verspricht aber Fair Play. Portugal sei zwar Favorit,doch Angola werde ihm das Leben schwer machen und jede Schwächesofort ausnutzen, gab sich Oliveira Goncalves kämpferisch.