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WM-Halbfinale WM-Halbfinale: Deutschland scheiterte zum vierten Mal

Von Klaus Bergmann und Jens Mende 04.07.2006, 21:29
Symptomatisch: Michael Ballack liegt nach einem Foul am Boden. (Foto: dpa)
Symptomatisch: Michael Ballack liegt nach einem Foul am Boden. (Foto: dpa) dpa

Dortmund/dpa. - Fußball-Deutschland trauert - der Traum vom vierten WM-Titel ist geplatzt. Nach leidenschaftlichem Kampf verlor die deutsche Nationalmannschaft am Dienstagabend in Dortmund denFußball-Klassiker gegen Italien mit 0:2 (0:0) nach Verlängerung und scheiterte zum vierten Mal nach 1934, 1958 und 1970 im Halbfinale einer Weltmeisterschaft. Fabio Grosso (119. Minute) und Alessandro del Piero (120.+1) erzielten die Tore für die «Azzurri», die die deutschen Hoffnungen beendeten und Italien zum sechsten Mal in ein WM-Endspiel brachten. Dort ist am Sonntag (20.00 Uhr) in Berlin der Gewinner des zweiten Halbfinals zwischen Frankreich und Portugal der Gegner.

Exakt 52 Jahre nach dem «Wunder von Bern» verpasste die deutscheMannschaft dagegen den ganz großen Wurf und muss sich nun mit demkleinen Finale um den dritten Platz gegen den Verlierer des Dienstag-Duells in München begnügen.

Nach von großer taktischer Disziplin geprägten 90 Minuten hattedie DFB-Auswahl zu Beginn der dramatischen Verlängerung gleich zweiSchrecksekunden zu überstehen. In der 91. Minute setzte sich dereingewechselte Alberto Gilardino gegen Michael Ballack durch und trafden Innenpfosten. 60 Sekunden später jagte Gianluca Zambrotta denBall aus 16 Metern an die Oberkante der Latte. In der 105. und 112.Minute verpasste Lukas Podolski zwei Mal das deutsche Siegtor.

Vier Tage nach dem 120-minütigen Krimi gegen Argentinienunterstrich die deutsche Mannschaft bei Temperaturen von fast 30 Gradauch im Duell der dreimaligen Weltmeister, wie sehr sie imTurnierverlauf zu einer Einheit zusammengewachsen ist. In einemGeduldsspiel ließ sich die «Squadra Azzurra» aber von derstimmungsvollen Kulisse kaum beeindrucken und stellte in einerintensiv geführten Partie die abgeklärtere Mannschaft, ehe dieGastgeber nach der Halbzeit entschlossener aufs Tor drängten.

Kapitän Michael Ballack war in seinem 70. Länderspiel Chef ineinem deutschen Mittelfeld, das in dieser Besetzung noch nie zusammengespielt hatte. Den Platz des wegen einer Tätlichkeit nach demArgentinien-Spiel gesperrten Torsten Frings nahm LokalmatadorSebastian Kehl ein, aber auch der als Alternative genannte TimBorowski kam überraschend in der Startelf zum Zuge. Der Bremerersetzte im Mittelfeld Bastian Schweinsteiger, dem Co-Trainer JoachimLöw bescheinigte, er habe zuletzt «nicht ganz die Form» gehabt.

Die Hereinnahme der beiden frischen Kräfte machte sich durchausbezahlt. Denn während der Neu-Londoner Ballack trotz seiner Bedeutungals Ballverteiler nicht so spritzig wie zuletzt wirkte, war Borowskiauf der linken Seite in die meisten Offensivaktionen einbezogen. Inder 40. Minute sah der Bremer für ein Foul an Francesco Tottiallerdings die Gelbe Karte. Kehl, der bis zum Halbfinale erst auf 25WM-Minuten gegen Costa Rica und Schweden gekommen war, fügte sichglänzend in den Defensivverbund ein und war ebenso bissig wie Frings.

Christoph Metzelder hielt im Zusammenwirken mit Per MertesackerItaliens Torjäger Luca Toni sicher in Schach. Einzig Philipp Lahmhatte mit Mauro Camoranesi auf der linken Abwehrseite ähnlich großeSchwierigkeiten wie bei der 1:4-Abfuhr am 1. März in Florenz. In derSpitze hatten Miroslav Klose und Podolski gegen die auch ohne denverletzten Alessandro Nesta sicher stehende Abwehr der Italienereinen ganz schweren Stand. Seine bis dahin beste Szene hatte derfünffache Turnier-Torschütze in der 50. Minute, als sein Solo imletzten Moment von Gennaro Gattuso gestoppt wurde. Im übrigen erwiessich Fabio Cannavaro in seinem 99. Länderspiel als Turm der Abwehr.

Knapp drei Wochen nach ihrem 1:0-Sieg in der Vorrunde gegen Polenwurde die deutsche Mannschaft bei ihrer Rückkehr nach Dortmund voneiner bisher kaum erlebten Welle der Begeisterung empfangen. Doch esdauerte fast eine Viertelstunde, ehe beide Mannschaften dieNervosität abgestreift hatten. Die erste gelungene Kombination überBorowski und Klose hätte beinahe Podolski (15.) in Schusspositiongebracht, doch der Neu-Münchner kam den Bruchteil einer Sekunde zuspät. Im direkten Gegenzug verhinderte Jens Lehmann mit seinementschlossenem Herauslaufen gegen den gefürchteten Toni Unheil.

Die «Azzurri» wurden immer dann gefährlich, wenn sich GianlucaZambrotta und Mauro Camoranesi auf den Flügeln ins Offensivspieleinschalteten. Aber auch bei den Standardsituationen der von AndreaPirlo glänzend dirigierten Gäste musste die Innenverteidigung auf derHut sein. Die größte deutsche Chance zur Führung verpasste in der 34.Minute Bernd Schneider, ebenso wie Ballack zum 70. Mal im DFB-Trikot.Nach Zuspiel von Klose jagte der Leverkusener den Ball aus besterSchussposition über das Tor von Gianluigi Buffon und machte damitdeutlich, warum er erst ein Länderspiel-Tor zu Buche stehen hat.

Das Warten auf den einen, entscheidenden Fehler des Gegners setztesich zu Beginn der zweiten 45 Minuten fort. Dabei wurde Schneider nunwesentlich häufiger in die Angriffe einbezogen. In der 63. Minutereagierte der im Turnierverlauf bisher nur von seinem TeamkollegenChristian Zaccardo bezwungene Buffon gegen Podolski glänzend, denNachschuss setzte Arne Friedrich über das Tor. Fünf Minuten vorSchluss bewahrte Lehmanns Kamikaze-Abwehr die DFB-Elf gegen SimonePerrotta vor der drohenden Niederlage.