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Wintersport Wintersport: Skisprung-Bundestrainer Steiert entlassen

Von Gerald Fritsche 08.10.2004, 14:02
Peter Rohwein ist neuer Bundestrainer der deutschen Skisprung Nationalmannschaft (Archivfoto vom 16.10.2003). Der Deutsche Ski Verband (DSV) hat Wolfgang Steiert, der bislang den Posten inne hatte, von seinen Aufgaben als Skisprung-Bundestrainer entbunden. Grund sei die Unzufriedenheit mit der Umsetzung trainingsmethodischer Konzeptionen gewesen. Als aktiver Springer gehörte der Rohwein dem A-Kader des Deutschen Skiverbandes an. Höhepunkt seiner Karriere war der Gewinn der deutschen Meisterschaft 1984 auf der Großschanze und der achte Platz bei der WM 1985 in Seefeld. (Foto: dpa)
Peter Rohwein ist neuer Bundestrainer der deutschen Skisprung Nationalmannschaft (Archivfoto vom 16.10.2003). Der Deutsche Ski Verband (DSV) hat Wolfgang Steiert, der bislang den Posten inne hatte, von seinen Aufgaben als Skisprung-Bundestrainer entbunden. Grund sei die Unzufriedenheit mit der Umsetzung trainingsmethodischer Konzeptionen gewesen. Als aktiver Springer gehörte der Rohwein dem A-Kader des Deutschen Skiverbandes an. Höhepunkt seiner Karriere war der Gewinn der deutschen Meisterschaft 1984 auf der Großschanze und der achte Platz bei der WM 1985 in Seefeld. (Foto: dpa) dpa

München/dpa. - 128 Tage vor Beginn der nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Oberstdorf hat der Deutsche Ski-Verband (DSV)auf die Talfahrt der Skisprung-Nationalmannschaft reagiert undBundestrainer Wolfgang Steiert von seinen Aufgaben entbunden. Die zudiesem Zeitpunkt völlig überraschende Entlassung des erst seit Sommer2003 im Amt befindlichen Schwarzwälders gleicht einem Ur-Knall, dennnoch nie in der Geschichte des DSV wurde ein verantwortlicher Coachunmittelbar vor Saisonbeginn gekündigt. «Natürlich ist es ein ganzschlechter Zeitpunkt. Aber vor allem im Hinblick auf die OlympischenWinterspiele 2006 ist es besser, jetzt zu reagieren als in einemhalben Jahr», sagte DSV-Generalsekretär und Sportdirektor ThomasPfüller am Freitag.

Als Nachfolger Steierts wurde sein bisheriger Co-Trainer PeterRohwein berufen. Ihm zur Seite steht Jürgen Wolf als neuer Assistent.Die Athleten begrüßen die Entscheidung zu Gunsten von Rohwein. «DieSache ist für uns in Ordnung. Wir werden unbeirrt weiter trainieren.Wolfi hat gute Arbeit geleistet. Fehler macht jeder. Aber wenn derErfolg ausbleibt, kommt es eben zu solchen Entscheidungen», sagteMartin Schmitt, der im kommenden Winter nach dem längerfristigenAusfall von Sven Hannawald die DSV-Adler als Kapitän zu neuenErfolgen führen soll.

Spätestens seit dem überaus schwachen Abschneiden der deutschenElite-Springer beim Sommer-Grand-Prix unter Führung von Steiert warfür den DSV das Maß voll. Bereits im vergangenen Winter waren denDSV-Adlern kräftig die Flügel gestutzt worden. Mit nur zwei Siegen -Michael Uhrmann (Rastbüchl) gewann in Zakopane, Georg Späth(Oberstdorf) am ersten Tag der Skiflug-WM - ging es leistungsmäßigstetig bergab. Erklärungen dafür gab es keine, allerdings wurde ersteKritik der Athleten an Steierts Arbeit laut. Besonders seinVorzeigespringer Sven Hannawald, den Steiert auch als Heimtrainer inHinterzarten betreut, hielt mit kritischen Äußerungen nicht hinterdem Berg.

«Wolfgang ist sicher ein hervorragender Trainer am Mann. Aber beimKerngeschäft eines verantwortlichen Trainers, nämlich lang- undmittelfristige trainingsmethodische Dinge anzuschieben, gab eseklatante Versäumnisse. Wir waren einfach nicht mehr überzeugt, dasssein Führungsstil längerfristig zum Erfolg führt», begründete Pfüllerdie Suspendierung Steierts.

Doch genau das hatten warnende Stimmen bereits bei derInthronisierung Steierts, der durch eine Palastrevolution nach demschlechten Abschneiden bei der Ski-WM in Val di Fiemme 2003 ReinhardHeß als Bundestrainer beerbt hatte, immer wieder angemerkt.«Natürlich haben wir diese Probleme auch gesehen. Aber erstens gibtes gute Skisprung-Trainer nicht wie Sand am Meer und zweitens hattendie Athleten damals Steiert vehement gefordert. Jeder andere Trainerwäre nicht nur bei den Springern, sondern auch bei Steiert gegen dieWand gelaufen, der für sich selbst die Zeit als verantwortlicherCoach gekommen sah», sagte der DSV-Sportdirektor, der nun glaubt, mitRohwein und Wolf eine überzeugende Mannschaftsführung gefunden zuhaben.

«Junge Springer brauchen eine wissenschaftlich fundierteGrundlagenausbildung. Auf so etwas stützt sich Rohwein, und mit HorstMroß vom Institut für Angewandte Trainingswissenschaften in Leipzighaben wir einen Mann, der seit 20 Jahren die Skisprung-Entwicklungbegleitet hat und nun wieder ganz verstärkt die Trainer unterstützenwird. Steiert hielt von dieser Arbeit nicht viel, wissenschaftlicheTrainingsmethodik war nicht seine Sache. Das laste ich ihm auch an:Es gab keine Analysen bei ihm, er hat nicht genügend an sichgearbeitet», betonte Pfüller.

Steiert dagegen sieht sich und seine Arbeit verkannt. «DieErgebnisse im Sommer-Grand-Prix lassen sich sicher nicht schön reden.Allerdings war meine Trainingskonzeption von Anfang an auf den Winterausgerichtet. Deshalb fällt es mir auch sehr schwer, dieseEntscheidung zu akzeptieren, die jedoch von meiner Seite weder dasgute Verhältnis zu den Athleten, noch das zu meinen Trainerkollegenbeeinträchtigen wird», erklärte er im DSV-Pressedienst.

Rohwein, der am Freitag noch überrascht von der DSV-Entscheidungwirkte, will so schnell wie möglich zur Tagesordnung übergehen. «ImSinne der Athleten muss schnell wieder Ruhe einkehren. Ich werde mirsicher noch Leute ins Boot holen. Die Erwartungshaltung ist natürlichda, ganz klar», sagte der erst seit einem Jahr als Assistent vonSteiert arbeitende Trainer, dem Pfüller Zeit geben will. «Rohweinwird nicht an der WM gemessen. Wir hoffen zwar, dass wir das Rudernoch herumreißen können, aber er braucht Zeit und bekommt sie.»