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Windows Vista Windows Vista: Auto auf drei Rädern

Von Steffen Könau 07.05.2007, 17:29

Halle/MZ. - Die Zukunft landete mit großem Gedröhn in den Regalen. Vista, Microsofts neues, schickes, schnelles Betriebssystem, zog alle Blicke an: Durchsichtige Fenster schnurrten über den Bildschirm, ein Medienzentrum verwaltete bequem, was an Musik, Videos oder Fotos irgendwo auf der Festplatte schlummerte, und ein runderneuertes Mail-Programm versprach, nie mehr böse Viren auf den Rechner zu lassen.

Im richtigen Leben ist Vista schnell installiert: DVD einlegen, ein Begrüßungsbild erscheint, dann soll die Identifikationsnummer eingegeben werden und schon läuft die Installation wie von selbst ab.

Dann ist alles anders. Verglichen mit dem guten alten Kombi XP wirkt Windows Vista wie ein schnittiger Sportwagen. Eine flotte Kiste ist das, die als erstes Mal verlangt, nach Hause telefonieren zu dürfen. Dort wartet Microsoft schon auf die Aktivierung der Vista-Kopie. Klickt man auf "ja", rödelt die Software von ganz allein los. Keine Treiber mehr installieren, keine Router mehr einbinden: Vista sucht sich selbst einen Weg ins Internet, fragt nur noch kurz nach Benutzernamen und Kennwort und ist nach nicht mal einer Minute auch schon daheim.

Eine positive Überraschung für jeden, der sich noch dunkel erinnert, wie er vor zwei, drei Jahren versucht hat, seinen ersten DSL-Anschluss zu konfigurieren. Entspannt geht es auch weiter: Das neue Mediencenter, das nach Ansicht von Microsoft eine Zentrale für alle Arten von Medienanwendungen sein soll, fragt an, ob es nicht mal die Festplatte durchsuchen soll? Aber bitte doch.

Wir versuchen so lange schon mal, ein Bild einzuscannen. Keine gute Idee. "Es gibt ein bekanntes Problem", teilt Vista mit. Der Computer hat keinen Scanner mehr. Netterweise wird gleich ein Link zur Lösung gereicht: Der Scannerhersteller Canon stehe bereit, mit neuen Vista-Treibern zu helfen.

Gut gedacht, schlecht gemacht. Statt direkt auf der Seite mit dem passenden Treiber zu landen, lädt Vista seine Nutzer ein, im großen, großen Angebot von Canon selbst zu suchen. Ein zweifelhaftes Vergnügen, das hier schnell zur Routine wird: Ob externe Festplatte oder Drucker, liebgewordene ältere Musikbearbeitung oder Brennprogramm - im ersten Anlauf geht häufig gar nichts.

Und manchmal bleibt es auch nach dem zweiten dabei. Druckerhersteller Lexmark lässt wissen, dass "wahrscheinlich Ende des Monats" Treiber zur Verfügung gestellt werden können. So lange wird man wohl oder übel mit der Hand schreiben müssen. Nicht der schwerste Fall: Das Brennprogramm Nero weigert sich überhaupt, weiterzuarbeiten. Kein neuer Treiber hilft und kein Experte weiß Rat. Nach langem Suchen schließlich die ungewöhnliche Lösung, die keine ist: Seit das neue Betriebssystem aufgespielt ist, wähnt sich die Software auf einem neuen Computer. Da sie aber eine OEM-Version ist, die nur mit dem PC zusammenarbeitet, mit dem zusammen sie gekauft wurde, bockt und streikt sie nun.

Anderes klappt hervorragend. Alte Mails aus den auf einer parallelen Festplatte liegenden XP-Ordnern ins neue Windows Mail importieren etwa. Oder Nachrichtenregeln in Windows Mail einrichten. Oder eigene Oberflächen für Mitbenutzer anlegen.

Dennoch, die Motorgeräusche aus dem Vista-Maschinenraum sind unüberhörbar. Die Internet-Telefonie-Software Skype funktioniert erstmal nicht mehr. Die unseres DSL-Anbieters sowieso nicht. Das alte Musikbearbeitungprogramm sagt auch nach zwei Wochen Basteln noch keinen Mucks. Zwei kleine Freeware-Brennprogramme, die als Nero-Alternative ausprobiert wurden, haben zwar irgendetwas gebrannt, auf den CDs war dann allerdings nichts drauf, das man hören konnte.

Was nützen vorbeiflirrende transparente Fensterchen, wenn die Scharniere knarren? Was hilft der Vista-Super-Effektlack, wenn das Auto nur drei Räder hat? Das Media-Center, von Microsoft als große Innovation angekündigt, die bislang verwendete externe Programme überflüssig machen sollte, verwirrt den Erstnutzer mit einer umständlichen Menüführung. Der Drucker geht immer noch nicht. Der Scanner verlangt inzwischen danach, per Hand eingebunden zu werden, ehe er weiterarbeiten will.

Was er damit meint, sagt er nicht. Aber es interessiert auch nicht mehr. Wir werden Vista deinstallieren. Sobald wir wissen, wie wir das machen können. Die ersten zehn Versuche sind bisher leider erfolglos geblieben.