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Verkauf des Flughafens Hahn geht in die nächste Runde

22.07.2016, 17:13
Roger Lewentz (SPD). Foto: Arne Dedert/ARCHIV
Roger Lewentz (SPD). Foto: Arne Dedert/ARCHIV dpa

Mainz - Keine Sommerpause beim Hahn-Verkauf: In der kommenden Woche wird die EU-Ausschreibung für weitere EU-Interessenten geöffnet, wie Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Freitag in Mainz mitteilte. Diese können sich innerhalb einer Woche mit ihren Vorstellungen melden und dann bis zum 1. September detaillierte Unterlagen einreichen. Zur gleichen Zeit laufen Gespräche mit den beiden verbliebenen Bietern, unter ihnen die ADC GmbH im pfälzischen Deidesheim mit dem früheren Wirtschaftsstaatssekretär Siegfried Englert, die bereits Immobilien des Flughafens gekauft hat.

„Nach diesem Reinfall mit SYT” werde die Landesregierung alles tun, um einen privaten Investor für den Flughafen zu bekommen, sagte Lewentz mit Blick auf den gescheiterten Verkauf an die Shanghai Yiqian Trading. Wegen des laufenden Verfahrens sei eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht in der Vertragsbeziehung mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG nicht möglich, erklärte Lewentz. „Das geht nicht, sonst scheitert dieses Verfahren”, sagte der Minister. Als weiteren Grund nannte er das laufende strafrechtliche Verfahren gegen SYT.

Die CDU kritisierte dies als Ablenkung „vom Kern des Problems”. Nötig sei nicht die Entbindung der KPMG von der Schweigepflicht im gesamten Bieterverfahren, sondern nur „eine Teilentbindung im Hinblick auf die Vorgänge um SYT”, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Martin Brandl. Dies sei wesentlich für eine „Aufarbeitung der gravierenden Fehler der Vergangenheit”.

„Aus unserer Sicht ist das Vertragsverhältnis rechtskräftig aufgelöst”, erklärte Staatssekretär Randolf Stich zum Verkauf des Flughafens an SYT. Dieser war am 2. Juni notariell beurkundet worden, platzte aber wenige Wochen danach, weil eine vereinbarte Teilzahlung nicht geleistet wurde und ein Bankbeleg nach Angaben des Innenministeriums gefälscht war.

Das Ministerium hat Strafanzeige gegen SYT gestellt und wirft dem Unternehmen arglistige Täuschung vor. Dazu forderte die Staatsanwaltschaft Koblenz am Freitag weitere Unterlagen an und erklärte: „Die bisher vorliegenden Informationen erlauben noch keine abschließende Bewertung des Anfangsverdachts einer Straftat.” Die Unterlagen würden Anfang kommender Woche zusammengestellt und der Staatsanwaltschaft geschickt, sagte Staatssekretär Stich und sprach von einem „ganz normalen Vorgang”.

Auch mutmaßliche Unregelmäßigkeiten aus der Vergangenheit des Flughafens beschäftigten die Staatsanwaltschaft Koblenz: Gegen vier von ursprünglich sieben Beschuldigten hat sie nun Anklage erhoben. Es geht um den Verdacht der Untreue, Bestechung, Bestechlichkeit und Beihilfe zur Bestechlichkeit, wie die Behörde am Freitag mitteilte. Unter den Angeschuldigten ist auch der ehemalige Hahn-Chef Jörg Schumacher. Alle vier bestreiten die Vorwürfe.

Die Ermittlungen hatten sich jahrelang hingezogen. Bei den Verträgen zwischen dem Airport und einer Firma für die Abfertigung der Passagiere soll es zu persönlicher Bereicherung gekommen sein. Unter anderem sollen Schumacher „auf der Grundlage eines zur Verschleierung abgeschlossenen Beratervertrages 75 000 Euro zugeflossen sein”. In zwei Fällen soll jeweils ein Auto weit unter Marktwert verkauft worden sein. Die Gesamtsumme der mutmaßlich illegalen Zuwendungen belief sich laut Staatsanwaltschaft auf 153 850 Euro.

Der hoch defizitäre Flughafen Hahn gehört bisher größtenteils dem Land Rheinland-Pfalz und zum kleinen Teil Hessen. Wird nicht bald ein seriöser Käufer gefunden, droht ihm die Insolvenz. An diesem Samstag (23. Juli) ist vor Ort eine Kundgebung zum Erhalt des Flughafens Hahn geplant.

Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) will beim Verkauf des Flughafens genau hinschauen. „Das Wirtschaftsministerium begleitet den Verkaufsprozess präzise und wird jeden Schritt, den das zuständige Innenministerium unternimmt, prüfen”, sagte Wissing der „Rheinpfalz”. (dpa/lrs)