Vergabe öffentlicher Bauaufträge Vergabe öffentlicher Bauaufträge: Keine Chance bei zu niedrigen Löhnen
Magdeburg/MZ. - Trotz massiver Kritik wird das umstrittene Vergabegesetz voraussichtlich noch im Mai den Landtag passieren. Nach Informationen der MZ soll Ende nächsten Monats im Wirtschaftsausschuss des Parlaments abschließend über den SPD-Gesetzentwurf beraten werden. Der Entwurf sieht strenge Regelungen vor. Unternehmen, die einen öffentlichen Bauauftrag bekommen wollen, müssen ihre Beschäftigten nach den im Land geltenden Tarif bezahlen. Diese Vorgabe gilt auch für Baunebengewerke und so genannte Nachunternehmen, die zum Beispiel als Gerüstbau- oder Elektrofachbetrieb spezielle Teilaufträgen eines Gesamtprojektes ausführen. Andreas Steppuhn von der Industriegewerkschaft Bau hält diese Ausweitung für dringend erforderlich. Seine Erfahrung: "Viele Generalauftragnehmer bezahlen ihre kleine Stammbelegschaft zwar nach Tarif, holen sich dann aber billige Subunternehmer ins Boot, bei denen zu Dumpinglöhnen gearbeitet wird." Die bisherige "Tariftreue-Erklärung" soll nach dem vorliegenden Gesetzentwurf als Nachweis nicht mehr ausreichen. Der Baubetrieb muss dann vielmehr belegen, dass Steuern und Sozialbeiträge ordnungsgemäß abgeführt werden. Kann er diese Nachweise nicht vorlegen, wird sein Angebot ausgeschlossen. Stellt sich später heraus, dass die Vorgaben nicht erfüllt werden, drohen fristlose Kündigung des Vertrages sowie Geldstrafen zwischen einem und zehn Prozent des Auftragswertes. Außerdem kann der öffentliche Auftraggeber die Baufirma oder dessen Nachunternehmer bis zu drei Jahre von weiteren Aufträgen ausschließen. Die PDS-Fraktion will den SPD-Vorschlag unterstützen, obwohl es genau wie bei den Sozialdemokraten Bedenken gibt, dass die Kommunen nicht in der Lage sein könnten, die Einhaltung des Gesetzes zu gewährleisten. CDU-Wirtschaftsexperte Detlef Gürth hingegen schimpft: "Der Gesetzentwurf ist ein mittelstandsfeindliches, bürokratisches Machwerk." Christdemokraten und Arbeitgeber favorisieren eine Richtlinie wie es sie seit vorigem Jahr in Niedersachsen gibt. Dort gilt: Es werden nur Bewerber geprüft, die innerhalb einer Zehn-Prozent-Spanne zum niedrigsten Angebot liegen. Den Zuschlag erhält, wer das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet. "Alles andere", meint Gürth, "ist nicht nur rechtlich höchst bedenklich, sondern auch völlig praxisfern." Behörden müssten erst im Tarifvertragsrecht geschult werden, um Lohnlisten beurteilen zu können. Zudem wäre zusätzliches Personal nötig. Steppuhn hält dagegen: "Wenn Behörden die Maßgenauigkeit eines Bauwerks prüfen und Falschparker aufspüren können, muss das auch bei der Kontrolle von Tariverträgen möglich sein." Die forsche Bemerkung des Gewerkschafters offenbart den ideologischen Hintergrund des Streits. Der SPD-Entwurf ist ein Zugeständnis an den Gewerkschaftsflügel der Partei. Er würde den Flächentarifvertrag als heimliche Lohn-Untergrenze festschreiben. Immerhin wird schon jetzt jeder zweite Auftrag von der öffentlichen Hand vergeben. Tendenz: steigend. Unternehmen, bei denen ein niedrigerer Haustarifvertrag vereinbart wurde, hätten künftig kaum noch die Chance, einen der begehrten öffentlichen Aufträge zu bekommen.