Udo Jürgens besucht ukrainische Waisen
Tschernigow/dpa. - Die ukrainische Fangemeinde von Entertainer Udo Jürgens lebt in einem Waisenhaus in der Stadt Tschernigow 160 Kilometer nördlich von Kiew. Hier haben einige Kinder Lieder des Sängers und Komponisten schon einmal im Deutschunterricht gehört.
«Sie klingen schön», sagt der 18-jährige sehbehinderte Sascha. Doch seine mehr als 100 Mitschüler kennen den Mann aus der Schweiz vor allem als «Mäzen», dessen Stiftung aus dem vernachlässigten Heim mit unhygienischen Zuständen ein «ehrenwertes Haus» - strahlend und sauber - gemacht hat. «Ich hätte nicht gedacht, dass es schon so fantastisch hier ist», sagt der Bühnenstar bewegt.
Aus seinem Nobelviertel bei Zürich hat sich der 72-Jährige («Ich war noch niemals in New York») ins 1700 Kilometer entfernte Tschernigow aufgemacht, um die Ergebnisse seiner sozialen Stiftungsarbeit in Augenschein zu nehmen. Nur zu gut bekannt sind Klischees, dass Spenden in Osteuropa wegen der weit verbreiteten Korruption oft versickern. In dem Schulinternat für behinderte und elternlose Kinder verweist Heimleiterin Tatjana Primatschok auf dichte Dächer, blitzende Kacheln in den Sanitäranlagen und neue Klassen- und Schlafzimmer.
Nachdem er lange nur an sich selbst gedacht habe, gründete er 1998 die Udo Jürgens Stiftung. Im Alter nun wolle er sich noch auf «etwas Wesentliches» beschränken, sagt der Chansonnier. «Wir machen das hier, weil es für das Geld mehr gibt als in Deutschland. Und in Europa ziehen andere Sicherheitssysteme, die hier fehlen.»
Viele der Mädchen und Jungen leiden an den Folgen der Atomunfalls von Tschernobyl (1986), das ganz in der Nähe liegt. «Wenn Sie das Heim vor ein paar Jahren gesehen hätten: eine einzige Katastrophe», sagt der Rentner Walter Faßbender aus Viersen (Nordrhein-Westfalen), der das Projekt an die Stiftung herantrug und gegen «das Elend in der Ukraine» kämpft.
Doch keiner im Waisenhaus redet davon, dass Behinderte in der Ukraine heute wie zu Sowjetzeiten am Rande der Gesellschaft leben. Vom Staat können sie kaum Hilfe erwarten. Auch die Erzieherin Larissa Gorelaja, die seit 34 Jahren in dem Haus arbeitet, vermeidet Kritik an den Politikern, die sich gerade auf vorgezogene Parlamentswahlen am 30. September vorbereiten. Nachdem die Stiftung den Anfang gemacht habe, gebe die Stadt nun mehr Geld. «Wir könnten noch besser arbeiten, wenn wir auch Lernmaterialen für die Bedürfnisse von Sehbehinderten und anderen Benachteiligten hätten», sagt sie.
Die Stiftung lebt von Einnahmen aus Udo Jürgens' Konzerten und von Spenden, wie Vorstand Christoph Mutter berichtet. Das Vermögen belaufe sich auf einen größeren Millionenbetrag mit sicherem Kapital für die nächsten 30 bis 40 Jahre. Heime sowie Straßenkinderprojekte auch in Moldawien, Russland, Afrika und Lateinamerika fördere die Stiftung - neben der Unterstützung für Nachwuchskünstler. Zum Abschied ordnet Udo Jürgens seine Hilfe ein: «Ich bin mir bewusst, dass das alles keine grandiose Tat ist. Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.»