TSV Leuna TSV Leuna: «12. Mann» thront über dem Spielfeld
Leuna/MZ. - Steht der Wind günstig, können die Gartennachbarn von Dieter Boche genau hören, ob er im Leunaer Stadion im Einsatz ist. Vor allem an Samstagen hallt seine Stimme herüber - manchmal stundenlang. Dieter Boche arbeitet für den TSV Leuna ehrenamtlich als Stadionsprecher. "Bei den Heimspielen der ersten und zweiten Männermannschaft sitze ich manchmal vier Stunden lang in meinem Sprecherturm", sagt der 70-Jährige.
Seit 25 Jahren macht der Elektromonteur diesen "Nebenjob". Dafür gab es von der TSV-Ersten zum Geburtstag ein besonderes Geschenk: ein T-Shirt mit der Aufschrift "Unser 12. Mann". Um das runde Leder dreht sich das Leben von Dieter Boche aber schon viel länger. 1950 trat er in die BSG Chemie Leuna ein, aus ihr ging später der TSV hervor. "Ich war bei den ersten freiwilligen Aufbaustunden zur Errichtung eines neuen Stadions dabei", erzählt er mit Blick auf das Rhabarberfeld im Ortsteil Göhlitzsch, das sich nach Kriegsende in eine Sportstätte verwandelte.
Bis zu seinem 29. Lebensjahr war Dieter Boche selbst Spieler, danach Betreuer, Masseur und Mannschaftsleiter der TSV-Ersten. Viele Spiel-Höhepunkte hat er im Stadion miterlebt: das Fußball-Spiel gegen die Olympia-Mannschaft der DDR, die Partie Waggonbau Dessau gegen Tura Ludwigshafen zur Einweihung des Stadions oder das Pokalspiel gegen den DDR-Meister Turbine Erfurt - "damals vor rund 12 000 Zuschauern".
Wenn er an das Aufstiegsspiel in die DDR-Liga denkt, muss der zweifache Familienvater noch heute lachen: "Da haben die Leunaer gegen Stahl Hennigsdorf gespielt", erinnert er sich und ergänzt: "Zur Halbzeitpause stand es für Leuna schon 3:0. Und dann ist unser Stürmer mit zu viel Schwung ins Netz gesprungen und hat das ganze Tor umgerissen." Die Gastmannschaft habe bereits mit einer Spielwiederholung gerechnet. "Aber das Tor wurde wieder zusammengenagelt." Leuna gewann das Duell 6:0.
Mittlerweile ist das Leunaer Stadion auf modernstem Standard: "Bürgermeisterin und Stadträte haben etwas für den Sport übrig", ist Boche froh. Auch sein Sprecherturm ist gerade zwei Jahre alt. "Im Winter und bei Regenwetter bekomme ich immer Besuch. Im Sommer sitze ich hier oben meistens allein", erzählt Boche und schmunzelt. Als passionierter Kleingärtner sei man auf Einsätze in brütender Hitze aber bestens vorbereitet.