Tischtennis Tischtennis: Freude auf das Adlerauge
MAGDEBURG/MZ. - "Sieben", sagt Timo Boll. Keiner hält das für möglich. Ein zweiter Versuch. "Vier", meint Boll. Und wieder hat er Recht. Alle kommen aus dem Staunen nicht heraus. Kleine schwarze Zahlen waren auf Zelluloidbälle geschrieben worden. Deutschlands Tischtennis-Ass Timo Boll hat sie beim Trainingsmatch in voller Schlaggeschwindigkeit erkannt und dabei auch noch fehlerlos weitergespielt. "Ich habe das mit eigenen Augen gesehen, hätte es sonst kaum geglaubt. So etwas kann kein anderer außer ihm. Timo ist nicht nur unglaublich reaktionsschnell. Er hat auch Adleraugen", schwärmt Reiner Schulz, der Präsident des Tischtennis-Landesverbandes von Sachsen-Anhalt.
Um solche Kunststücke geht es nicht, wenn der diesjährige dreifache Europameister und Weltranglisten-Zweite Boll von Freitag bis Sonntag in der Magdeburger Bördelandhalle beim Men's World Cup an die Platte tritt. Da gilt die Konzentration den Gegnern wie dem Weltmeister Wang Hao und dem Weltranglisten-Ersten Ma Long (beide China) oder dem Titelverteidiger Vladimir Samsonov aus Weißrussland, der im vorigen Jahr in Moskau das Turnier gewann. Spielen darf in dem 19er Feld mit Dimitrij Ovtcharov neben Boll der zweite Deutsche, dessen bizarre Dopinggeschichte erst jüngst mit dem schnellen Aufheben der Sperre ein glückliches Ende für den Athleten gefunden hat.
Dem Hallenser Reiner Schulz und seinen Mitstreitern ist es gelungen, das nach der Einzel-Weltmeisterschaft wichtigste Turnier nach Magdeburg zu holen. Es ist nicht ihr erster Coup. Die Bördelandhalle war bereits Austragungsort für die die German Open 2002 und 2005 mit Weltmeisterschafts-Format und den World Team Cup 2007. "Eine hervorragende Spielstätte, die Zuschauer sind nahe dran. Die Stadt Magdeburg zeigt großes Interesse an solchen Veranstaltungen und unterstützt sie stark", erläutert Reiner Schulz.
Aber es tut sich auch ein großer Gegensatz auf: Zum einen ist Magdeburg eine Top-Adresse für hoch dotierte Tischtennis-Veranstaltungen. Andererseits spielt Sachsen-Anhalt im deutschen Verband eine eher bescheidene Rolle. Reiner Schulz weiß um dieses Problem, sagt aber: "Wir können nicht zaubern. Es wäre illusorisch anzunehmen, durch den Men's World Cup in Magdeburg ergäben sich gewaltige Leistungsstimuli im Land."
Die Bedingungen geben nicht mehr her. Das starke Gefälle zu den alten Bundesländern wird nicht nur darin ersichtlich, dass Sachsen-Anhalt in den oberen Ligen keine Rolle spielt. Mit den Frauen vom Zweitliga-Absteiger TSV 1990 Merseburg spielt das beste Team in der Regionalliga. Bei den Männern ist sogar mit den Oberligisten Magdeburg, Landsberg, Hettstedt und Biederitz in Liga vier die Endstation. Der Landes-Präsident lässt weitere Zahlen sprechen: In den 330 Tischtennis-Vereinen Sachsen-Anhalts gibt es etwa 6 900 Wettkampfspieler, macht ungefähr 20 pro Verein - nicht einmal ein Viertel im Vergleich zu den alten Ländern.
"Wir setzen über 80 Prozent unserer Mittel für den Nachwuchs ein", sagt Reiner Schulz. In Magdeburg gibt es ein so genanntes Talente-Nest. Die Besten sollen sich für Leistungszentren wie in Grenzau und Hanau in Hessen oder für das Bundesleistungszentrum in Düsseldorf empfehlen. Mit dem Zörbiger Erik Bottroff ist ein Talent diesen Weg gegangen. Er hatte 2004 als 14-Jähriger bei den Erwachsenen drei Landestitel in Sachsen-Anhalt gewonnen und es nach dem Wechsel auf das damalige Leistungszentrum in Heidelberg bis zur Teilnahme an der Nachwuchs-WM und den German Open geschafft. Inzwischen spielt er in Herne in der 1. Bundesliga. Will man sich hierzulande an Spitzentischtennis erfreuen, bleibt immer noch der Weg zu einem Turnier in die Magdeburger Bördelandhalle.
Gespielt wird in der Bördelandhalle am Freitag von 10 bis 22 Uhr (Gruppenspiele), am Sonnabend von 11 bis 20 Uhr (Gruppenspiele und Viertelfinale) und am Sonntag von 11 bis 16 Uhr (Halbfinales und Endspiel).