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Tennis Tennis: «Günzi-Baby» wird 75

Von Angela Bern 29.02.2012, 16:43
Wimbledonsieger Boris Becker (r) spricht am 15.09.1985 auf der Sportmesse ISPO in München mit seinem Trainer Günther Bosch. Sein Name ist eng mit dem von Boris Becker verbunden. (FOTO: ARCHIV/DPA)
Wimbledonsieger Boris Becker (r) spricht am 15.09.1985 auf der Sportmesse ISPO in München mit seinem Trainer Günther Bosch. Sein Name ist eng mit dem von Boris Becker verbunden. (FOTO: ARCHIV/DPA) dpa

Köln/SID. - Köln (SID) Natürlich hat auch Boris Becker gratuliert. "Noch ein langes Leben, Günzi-Baby", so lautet die Botschaft des dreimaligen Wimbledonsiegers an den Mann, der ihn einst entdeckte. Am 1. März wird Günter Bosch 75, aber noch immer ist jeder dieser längst vergangenen goldenen Tage mit dem Jahrhundertgenie Becker so präsent wie eh und je. "Es hat außer ihm nie einen mit diesem unglaublichen Willen, dieser Leidensfähigkeit und dieser grenzenlosen Liebe zum Spiel gegeben", sagt der "Mann, der meine Mutter war" (Becker über Bosch).

Geboren ist Günter Bosch "auf dem Tennisplatz, und dort werde ich mich auch irgendwann von der Welt verabschieden". Noch immer steht er fast jeden Tag auf dem Platz, in Berlin trainiert er hin und wieder "Kinder und Jugendliche, die mich um Rat bitten". Oft aber spielt er für sich, aus reinem Spaß an der Freude: "Am Dienstag stand ich wieder zweieinhalb Stunden auf dem Platz, danach muss ich dann immer ein paar Tage Pause einlegen."

Von den vielen jungen Menschen, die er in seinem Leben betreute, reichte keiner jemals an jenes Talent heran, das Günter Bosch 1976 als Bundestrainer des Deutschen Tennis Bundes (DTB) bei einer Sichtung in Biberach entdeckte. "Boris war schwerfällig, mit Babyspeck und ohne Kondition, aber er hatte schon damals etwas Außergewöhnliches, das ihn von allen anderen Kindern unterschied", erinnert sich Bosch an die Begegnung, die viele Leben veränderte.

1982 übernahm er auf Wunsch von Karl-Heinz und Elvira Becker die individuelle Betreuung ihres Sohnes, fortan wurde das Leben zu einem täglichen Kampf. "Man musste Boris von morgens bis abends von allem überzeugen", erzählt Bosch: "Er war kein Trainings-Weltmeister, oft musste ich ihm versprechen, dass wir nach 20 Minuten Schluss machen." Am Ende waren es dann doch zwei oder drei Stunden, und Becker maulte seinen Coach an: "Günzi, du hast mich schon wieder betrogen."

Am 7. Juli 1985 hob Boschs rothaariger Junge mit den eisblauen Augen auf dem Centre Court von Wimbledon die Tenniswelt aus den Angeln, keine zwei Jahre später gingen Becker und Bosch getrennte Wege. An die spektakuläre und "damals sehr schmerzhafte" Trennung verschwendet Bosch heute aber keine allzu großen Gedanken mehr: "Er hat seine Sicht der Dinge, ich meine. Trotzdem bleibt er für mich der Größte. Er war ein Naturereignis auf und nebem dem Platz."

Es erfüllt Günter Bosch mit großer Freude, dass Boris Becker der neuen Führung des DTB mit Präsident Karl Altenburg und dem für den Sport zuständigen Charly Steeb seine Unterstützung signalisiert hat. "Es ist schön, dass Boris hilft. Allein mit seinem Namen kann er so unendlich viel bewegen", sagte Bosch dem SID. Insgesamt wünscht er sich wieder "mehr Herz und Seele im Tennis. Alle wollen immer nur vermarkten, aber erst muss die Leidenschaft da sein, dann kommt der wirtschaftliche Erfolg von ganz allein."

Am Donnerstag steht also die Familie im Mittelpunkt, vor allem Ehefrau Rodica und Tochter Christina. Daisy, langjährige treue Wegbegleiterin auf den Reisen durch die Welt, ist nicht mehr dabei, die hochbetagte Yorkshire-Hündin ist vor einigen Jahren gestorben. Eine vierbeinige Nachfolgerin gibt es nicht: "Wir bleiben jetzt hundelos."

Bosch spielt eine Vorhand. (FOTO: DPA)
Bosch spielt eine Vorhand. (FOTO: DPA)
dapd