Sudetendeutsche Sudetendeutsche: Heimat in der Stube
Köthen/MZ. - "Schade, dass Sie nicht zur Nudelsuppe da waren. Aber einen Kleckselkuchen, den können Sie auf jeden Fall probieren. Und Kaffee ist auch noch da." Gastfreundschaft gehört - wie die vielen alten Bilder, Fotos und Karten an den Wänden - zum Inventar der Heimatstube, besonders an diesem heißen Julisonntag: Die Kreisgruppe Köthen der sudetendeutschen Landsmannschaft feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Mit Karlheinz Klimt an der Drehorgel, Landkreis-Vize Dieter Beneke, lustigen Mundartvorträgen und heimatkundlichen Themen. Im Inneren der Heimatstube, Lohmannstraße/Ecke Edderitzer Straße, sitzen die Gäste eng bei einander, man kennt sich. Außenstehende werden freundlich beäugt, besonders jüngere Menschen, Journalisten sowieso. "Wir mussten genau planen, wer wann kommt, denn aufs Mal passen nicht alle herein", sagt Annette Effenberger. Sie ist Obmann der knapp 500 organisierten Sudetendeutschen im Kreis Köthen, Landesobmann für Kultur übrigens auch. Im volkstümlichen Kleid begrüßt sie die Gäste, gut sichtbar trägt sie eine Brosche mit Bild: ihr Großonkel. Die Sudetendeutschen im Osten Deutschlands hatten es nicht leicht: Nach dem Krieg wurden sie aus der CSSR vertrieben, in der DDR durften sie ihr Brauchtum nicht pflegen. So kam es, dass eine Köthener Ortsgruppe erst 1991 gegründet werden konnte. Und die wird, da sind sich die Festgäste in der Heimatstube einig, auch nicht mehr das ewige Leben haben. "Im Gegensatz zu den Vereinen im Westen haben wir hier keinen Nachwuchs", bedauert Annette Effenberger. 1945 war sie, damals als Zwangsarbeiterin beschäftigt, mit ihren Eltern in den Osten Deutschlands geflüchtet. Heute sind die Köthener Sudetendeutschen durchaus aktiv: Es gibt Ortsgruppen in Aken, Gröbzig, Quellendorf und Radegast, einen Chor, der in Heimattrachten auftritt und natürlich die Heimatstube. Zweimal wöchentlich hat sie geöffnet. "Vor allem Frauen, die allein sind, kommen oft und gerne zu uns", sagt Annette Effenberger. In der Stube hat jede Herkunftsregion ihre eigene Wand: der Böhmerwald, das Egerland, das Elbtal, Nordböhmen mit Reichenberg und das Riesengebirge. Natürlich fährt der Verein oft in die alte Heimat - um die dortigen Deutschen, aber auch tschechische Freunde zu besuchen. Annette Effenberger fährt zum Beispiel zum alten Hof ihrer Großeltern, der längst eine neue Besitzerin hat. "Die Kapelle hat sie schön renoviert." Herma Sauer ist skeptischer: "Wenn ich in meine Heimatstadt Bodersam fahre, erkenne ich zum Teil nicht einmal die Straßen mehr." Über Politik, sagt Frau Effenberger, werde in der Kreisgruppe selten geredet, "wir pflegen vor allem unser Brauchtum". Eine Aufarbeitung der deutschen Geschichte auch in der Tschechischen Republik - "das wäre aber schön".